
Es gibt nicht viel Positives zu berichten von der AfD-Herbstdemonstration in Berlin, am 08.10.2022. Die rechtsradikale Partei konnte ihre Auftaktkundgebung auf der Wiese vor dem Reichstag abhalten, dann durch das Berliner Regierungsviertel „spazieren“ und wieder vor dem Reichstag enden und dabei sich selbst feiern, nach dem Motto „Unser Land zuerst“ und mit viel AfD-Herzchen-Merchandise. Es war eine Feier der eigenen Existenz, mehr war es nicht, denn als ‚Inhalte‘ gab es nur die üblichen rechtsradikalen Talking Points (Hass auf die Regierung, Pressefeindlichkeit, Hass auf Gendern, Russlandliebe, Hass auf Geflüchtete, ja zu Kernkraft, schlechte Wortspiele mit heiß (Herbst) und kalt (Heizung)). Aber weniger war es auch nicht. Mit rund 10.000 Teilnehmenden wurden die anvisierten und angemeldeten 4.000 Anhänger*innen weit übertroffen. Und das trotz Zugausfall in Norddeutschland, was schon vor Demonstrationsbeginn zu wilden Verschwörungsfantasien in AfD-Kreisen führte, die auch auf der Abschlusskundgebung der AfD noch raunend angebracht wurde, warum man nicht noch mehr „Volk“ wäre.
Keine besorgten Bürger*innen mehr
Eröffnet wird die Veranstaltung vom farblosen Bundessprecher Tino Chrupalla. Bundessprecherin Alice Weidel ist nicht da, krank, von ihr gibt es nur ein Video. Als Scharfmacher fungiert ihr Stellvertreter, Stephan Brandner, der trägt dann auch mittig das Frontbanner, weiteres AfD-Personal darf begleiten, wie Beatrix von Storch, Dennis Hohloch, Marc Jongen und Tino Chrupalla. Wenn es etwas Positives gibt, dann vielleicht, dass die Szene-Mischungen, die die Coronaleugnungs-Demonstrationen so mächtig wie beunruhigend machten, auf der AfD-Demonstration am 08. Oktober in Berlin nicht mehr gegeben sind. Hier sind keine verschwörungsideologisch oder durch die Pandemiekrise verwirrte Menschen aus der Mehrheitsgesellschaft auf der Straße, keine „besorgten Bürger*innen“ – sondern überzeugte Rechtsradikale, die wissen, was sie tun. Einige von ihnen waren allerdings zuvor Pandemieleugner*innen. Hier haben sich auch Dinge verschmolzen.
Galerie „Das Volk“ (105 Bilder)

Fronttransparent - Rechtsradikale im Regierungsviertel

U.A. Beatrix von Storch, Tino Chrupalla, Stephan Brandner, Marc Jongen, Dennis Hohloch

"Zuerst" war vielen ganz wichtig - Deutschland auch.


Transparent der "Jungen Alternative"

"Volk" hinterm JA-Plakat

Die Junge Alternative kann ihr Plakat nicht richtig halten. Dabei ist es interessant antisemitisch und rassistisch: "Globalisten Grenzen zeigen - Autarkie - Souveränität - Remigration". Uff.

Mehr rechtsradikale Jugend.

Regiierungsvertreter*innen als "Staatsfeinde" tituliert.

"Kein Russe ist illegal"

Was ist los mit Oma? Gossensprache als Medienfeindlichkeit

Auch diese Dame möchte lieber mit "alternativen Informationen" belogen werden.


Dabei sind sie selbst Kaltland. Mehr, als Temperaturen es könnten.


Die erste Wirmerflagge.

Was zu lesen, Sinn macht es nicht.

Chip im Kopf natürlich schlimme Sache. Ob die AfD da helfen kann?

Oder Ärzte

Verkehrte Welt: AfD läuft nach links, rechts steht die Gegendemo.

Die erste "rote Linie".

Hier wird Scheitel getragen.

Warum?

Treffen auf Gegendemo.

Um welches Land geht es noch mal?

Russland zuerst? Oder das Deutsche Reich?


Mehr Russlandfreunde.

Interessanter Bart.

"Das Volk" TM

Ein Typ in Handwerkerkluft? Ist da.

Vadim Derksen (AfD Berlin) hat es eilig.

Ein Nein hat wohl nicht gereicht, Rhein-Main.

Ossis in Rage. So, so.

AfD-Männer für Frauenrechte, aber bitte anderswo.

Gar nicht so leicht mit dem Schild.

Ja, ja. Nein.

Wer seine Tochter wirklich liebt, nimmt sie vielleicht nicht mit zu einer AfD-Demo.

Team "Russophobie" auch dabei.

Aha.

Tarn-Volk.


Einmal Mischung: Handwerksaoutfit, Frau in Flagge, sportive männliche Begleiter.

Beliebt bei Demos 2022.


Ja, "Volk", sicher. Und Bärte.

Was ist denn hier los?

Viel Text, wenig Sinn.

Runen und Raben.

Ohne Worte.

Schwer beschäftigt.

Ah, Böhse Onkelz.

Das klappt nicht.

Interessantes Gesichtstattoo.

Der einzige Aluhut. Aber er ist da.

DeutschReich-Russische Freundschaft.

Tja, das wird schwierig.

Ohne Worte.

Nochmal die Frage: Um welches Land geht es?

Antiamerikanismus wird auch mitgebracht.

Ein Dichter. Aber kein dichter..

Man kann es ja mal behaupten.

Die Mütze verrät ihn als Fan des Verschwörungsideologen Heiko Schrang.

Schon wieder die Ostfront.

"Team Rebellen"

"Weimar hat die Schnauze voll"

Die "Widerstand"-Flaggen werden auch auf jeder Nazi-Demo gern getragen.

Thüringer Block.

Und den Atommüll lagern wir dann in Deinem Wohnort, okay?

Interessanter Wikinger-Sweater.

Aber ich benutze sie selten.

Auf dem Schild steht "Fuck Great Reset".

Ein "Spaziergänger" (Shirt) auf dem Weg in die Steinzeit.

Und was macht ihr dann so?

Noch eine prominente Wirmerflagge.

Demo-Love.

Und noch mal der Reichsadler.

Ja, und Russland. Vielleicht geht es doch um Russland.

German Kuhjunge.

Darf wohl nur noch hinten mitlaufen: Jens Maier, AfD, rassistischer Ex-Richter.

Jetzt komme ich aber durcheinander: Geht es um um Periepetie-Werbung oder Russland?

Oder doch Deutschland?

Der war sehr ausdauernd, sein Spiel recht monoton.

Okay, also diese Ostfront-Plakate sind beliebt.

Noch mal rechtsradikale Jugend.

Und endlich mal eine "klassische" "rote Linie"-Flagge.

Okay, er hat Spaß.

Noch ein Kuhjunge mit FCK GRN-Shirt.

Alternativmedieninterview am Banner.

Russland, Reich und Sachsen.

Ohne Worte.

Trommelmariechen.

Die letzte Biegung.

Und Alternativmedienmacher Elija Tee läuft hinterher...

Und interviewt dann...

... extra vor der Gegendemo.

Am Reichstag derweil nass.

Hübsche Bäume, AfD-Demo-Teilnehmende sammeln sich.

Nicht gut auf Presse zu sprechen.

Die "Junge Alternative" findet sich sehr gut.

"Junge Alternative" Gruppenfoto.

Abschluss für das "Volk"..

Auf der Bühne spricht Marc Jongen.
Die Demonstrations-Teilnehmenden tragen rechtsextreme Marken von Thor Steinar bis Peripetie. Viele Wikingerbärte und nordische Symboliken sind zu sehen, gemischt mit Rockerkutten. Viele tragen (wieder) Glatzen, und viele tragen sehr akkurate Scheitel – oder eben geflochtene Zöpfe bei den Damen, bei den wilden in feurigem Rot. Daneben viele Shirts mit Deutschland-Aufdrucken, natürlich in Fraktur, und AfD-Fanbekleidung. Rechtsextreme Flaggen werden getragen – Reichsflaggen, Wirmer-Flaggen, Flaggen mit „interessanten“ Sprüchen (erneut in Fraktur) wie „Hüte Dich vor Sturm und Wind – und Ossis, die in Rage sind“, „Widerstand lässt sich nicht verbieten“ oder „Freiheit ist nicht rechts“ (ja, verwirrend, gemeint war aber wohl, dass für ‚Freiheit‘ einzutreten nicht rechtsextrem sei). Und laufen dazwischen Menschen, die wie freundlich-bürgerliche Nachbarn aussehen, tragen sie Schilder wie „Grüne an die Ostfront“ oder „Ihr seid die Staatsfeinde“ (mit Fotos von Baerbock, Habeck und Scholz) und zeigen damit ihre Verachtung für politische Gegner*innen.
Vom rechten Humor und dem Leben ohne Fakten
Die Gespräche auf der Demonstration sind entsprechend. Als die Demo von der Dorotheenstraße in die Straße Unter den Linden abbiegt, macht quasi jeder zweite Demoteilnehmende den Witz, warum man denn jetzt nach links abbiegen müsse, man wolle doch rechts lang! Hahaha. Aber dann sehen die Demonstrierenden am Rand die kleine, aber lautstarke Gegendemonstration stehen, und wenn die ruft: „Ganz Berlin hasst die AfD“, stimmt die Demo an „Ganz Berlin liebt die AfD“, wenn die Gegendemonstration ruft „Nazis raus“, dann rufen die AfD-Teilnehmenden „Nein, ihr seid die Nazis, Nazis raus!“. Nur wenn die AfD-Demonstration ruft „Wir sind das Volk!“, und die Gegendemonstration ruft „Ihr seid Hitlers Volk!“, dann gibt es einen kleinen Moment des Schweigens, aber der lässt sich dann schnell wieder wegschreien, jaha!
Die meisten hier wissen auch, wie eine rechtsradikale Demonstration, pardon, ein „Spaziergang“, funktioniert, dass es eine Aktionsform für Erwachsene ist, aber ein paar haben doch ihre Kinder dabei, meist im Alter zwischen Baby und Grundschulkind. Sie tun einem leid, müde zwischen den Glatzen und Wikingern und Scheitelträgern – allerdings sehen ihre Eltern in der Regel auch so aus. Andere haben Hunde dabei, vom puscheligen Schoßhündchen bis zum Kampfhund, der dann schon eher Bedrohungsfunktionen erfüllt, so ohne Maulkorb zwischen all den Menschen. Zwischendurch regnet es ziemlich stark, die Demonstrierenden werden durchnässt, und hinter mir flucht ein Mann seine Frau an: „Wenn Du mir auf dem Hinweg nicht nur mit deinen Verschwörungstheorien in den Ohren gehangen hättest und mal auf die Wetter-App geschaut hättest, hätten wir doch einen Schirm mitnehmen können!“ Leben ohne Fakten, auch nicht leicht.
Brauner Matsch vor dem Reichstag
Die Wiese vor dem Reichstag, wo die AfD-Demonstration wieder enden soll, hat sich inzwischen in eine Matschgrube verwandelt. Die Deko der AfD-Bühne flattert stark, und während einer murrt, wie nass er ist, sagt der Teilnehmer daneben, man sei ja wohl nicht verweichlicht und so ein bisschen Regen mache doch wohl einem wahren Patrioten nichts aus!
Das sagen auch zum Abschluss auch die letzten AfD-Redner. Wobei, sagen ist das falsche Wort, denn jetzt sind die Emotionen groß, es wird gebrüllt, als gäbe es keine Mikrofone (die es leider gibt). Davor wird schlechte Musik gespielt und eine Menge Erinnerungsfotos geschossen. Sei es von der „Jungen Alternativen“, die hinter einem „Jugend rebelliert!“ und „Wir heizen Euch ein“-Banner streng völkisch gekleidet aufmarschieren, bis zu den älteren Damen von „Baden-Württemberg reicht’s!“, die unbedingt die Bühne im Hintergrund haben möchten. Auf der Bühne schreit Dennis Hohloch von der AfD Brandenburg gerade, dass er gehört habe, unter Kinder sei es jetzt cool, nicht auf sein Vaterland stolz zu sein, und wenn das so sei, dann hoffe er, dass seine Tochter später mal uncool würde. Falls die sich nicht als Teenager vom Vater distanziert, stehen die Chancen wohl gut. Aber er sagt auch, man müsse die Regierung aus dem Bundestag „treiben“, die Menge korrigiert: „JAGEN!“, und Hohloch lernt und endet mit, man müsse „die Grünen auf den Haufen der Geschichte jagen!“ Was das für ein Haufen ist, weiß wohl nur er allein, aber er hat „Jagen“ gesagt, alle johlen.
„Sprechpuppe der Globalisten!“
Dann wird der AfD-„Philosoph“ und Bundestagsabgeordnete Marc Jongen angekündigt, und weil der so eloquent sein möchte, brüllt er nix vom Jagen, aber dass die rot-grüne Regierung ein „Schadprogramm“ wäre, das man „deinstallieren“ müsse, hohoho! So macht das also die AfD-Intelligenzia mit der Bedrohung Andersdenkender. Entmenschlichen mit Technikbegriffen. Zum Abschluss kommt noch der AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Reichardt, Offizier und „familienpolitischer Sprecher“ der Partei. Und der wiederum denkt wohl, er wäre Joseph Goebbels persönlich, so sehr muss er schreien mit sich beständig überschlagender Stimme. Es ist viel Unappetitliches dabei, das wiederum viel mit Hass auf die Grünen zu tun hat, und gipfelt in „Annalena Baerbock, der Sprechpuppe der Globalisten“, die „weg“ soll, statt immer Politik für die USA zu machen. Und damit hat sich Reichardt als Fan der Verschwörungserzählung der jüdischen Weltverschwörung platziert, und zwar sehr laut! Das gefällt, er bekommt viel Beifall. Die Stimmung ist ja auch auf dem Siedepunkt, und endlich können alle „Baerbock muss weg“ kandieren und dann ist wieder von Grüne jagen die Rede und alle sind begeistert.
Ganz Berlin hasst die AfD
Damit alle aber doch noch einigermaßen friedlich genug nach Hause kommen, darf am Ende Tino Chrupalla die Stimmung noch mal mit etwas Langeweile herunterkochen. Und dann singen alle die Nationalhymne, aber viele sind da auch schon auf dem Weg zu den Bussen, denn sie sind ja gar keine Berliner*innen, sondern teilweise von weit her angereist und müssen ja auch wieder zurück. Denn Berlin liebt sie eben doch nicht. 150 AfD-Fans sind vom A&O Hostel vor die Tür gesetzt worden, als denen klar wurde, wer sie gebucht hatte – ein stabiles Statement gegen die Feinde der Demokratie, die diese rechtsradikalen AfD-Anhänger*innen sind.
Ergänzung: Was Kolleg*innen berichtet haben:
Mehrere Hitlergrüße aus dem Demonstrationszug:
Teilnehmer mit Totenkopf-Maske, wie Rechtsterroristen sie schätzen:
Aggressivität gegen Fernsehjournalist*innen, die in ihrem Beruf zu erkennen sind:
Angriff auf ein Protest-Banner:
Der „Junge Alternative“-Blog skandiert einen Slogan der „Identitären Bewegung“ – kein Wunder, es gibt Überschneidungen: