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Kommentar zum Nahostkonflikt Auf Palästina-Demos werden antisemitische Vernichtungsparolen skandiert

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3.500 Menschen demonstrierten am vergangenen Samstag in Berlin-Neukölln zum „Nakba-Tag“ gegen Israel. Es kam zu massiven Ausschreitungen: Flaschen, Böller und Steine wurden geworfen und Hygieneregeln missachtet.
3.500 Menschen demonstrierten am vergangenen Samstag in Berlin-Neukölln zum „Nakba-Tag“ gegen Israel. Es kam zu massiven Ausschreitungen: Flaschen, Böller und Steine wurden geworfen und Hygieneregeln missachtet. (Quelle: picture alliance/Geisler-Fotopress/Jean MW)

Am Samstag fanden in Berlin-Neukölln mehrere Demonstrationen mit Bezug zum aktuellen aktuellen Konflikt in Gaza/Jerusalem, sowie dem „Nakba-Tag“ statt. Auf einer Großdemonstration am Samstagnachmittag kam es zu purem Antisemitismus, Gewalt und Straßenschlachten mit der Polizei. Meine Eindrücke, die ich vor Ort gesammelt habe, finden sich kaum in deutschen Medienberichten wieder. Diese Differenz wirft bei mir die Frage auf, inwieweit kennen sich deutsche Journalist:innen mit den Zusammenhängen im Nahen Osten aus? Auch die Einsatzbesprechung der Berliner Polizei wirft Fragen auf.

Aufgerufen hatte für den 15. Mai 2021 die Organisation „Samidoun“ („Palestinian Prisoner Solidarity Network“) zu einer Großdemonstration am Hermannplatz. Bei Samidoun handelt es sich um eine von der EU offiziell als Terrororganisation geführten PFLP („Volksfront zur Befreiung Palästinas“) nahestehenden Organisation. Vor wenigen Monaten, im März 2021, wurde „Samidoun“ von der israelischen Regierung als Terrororganisation eingestuft.

Ebenfalls fielen die offenen Bekundungen zur der islamistischen Terrororganisation Hamas, die in der vergangenen Woche hunderte Raketen auf Israel abgefeuert hatte, vor Ort besonders auf. Die unscheinbare grüne Fahne der Hamas, mit der „Shahada“ (dem islamischen Glaubensbekenntnis) wurde in der Berichterstattung kaum als solche erkannt. Ebenso mangelte es an einer kritischen Einordnung einer arabischen Parole, die auf der gesamten Demonstration omnipräsent war. Hierbei handelt es sich, um den Pop-Song der Hamas „Udrub Udrub Tal Abib“ (ungefährer Wortlaut: „Bombardiert, bombardiert Tel Aviv“).

Stellvertretend dafür steht ein Bericht des rbb. Während die Menschenmenge die Bombardierung Tel Avivs forderte, wird die Sequenz mit „3.500 Menschen fordern ‚Freiheit für Palästina‘“ unterlegt. Auch die Parole „Oh Qassam, oh Liebling – schlag zu, zerstör Tel Aviv“ ist neben dem Wunsch, Israel zu zerstören, eine Sympathiebekundung zur Hamas. Bei den Qassam-Raketen handelt es sich um von der Hamas entwickelte Raketen. Außerdem sind die „Qassam-Brigaden“ der militärische Flügel der Hamas.

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Der Mangel an differenzierter Darstellung von Symbolen oder Parolen betraf auch den auftretenden türkischen Rechtsextremismus. Unter dem Demonstrierenden befanden sich einige Unterstützer der „Ülkücü-Bewegung“ („Graue Wölfe“), einer rassistischen und antisemitischen Gruppierung. Mehrere Demonstrationsteilnehmer:innen trugen uniformähnliche Kleidung mit Aufnähern der „Grauen Wölfe“, schwenkten die Fahne der des Osmanischen Reiches oder zeigten den sogenannten Wolfsgruß.

Wie auch in Wien, Paris oder London wurde auch in Berlin die antisemitische Vernichtungsparole „Khaybar Khaybar, ya yahud, Jaish Muhammad, sa yahud“ („Khaybar, Khaybar, ihr Juden, Mohammeds Heer kehrt zurück“) skandiert. Diese Parole bezieht sich auf die Schlacht von Khaybar aus der islamischen Geschichtsschreibung. Im Jahr 628 soll Mohammed, die jüdisch-besiedelte Oase Khaybar (im heutigen Saudi Arabien) gewaltsam erobert haben.

Das sind nur einige exemplarische Beispiele für die offene Unterstützung von Islamismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus. Viele Reportagen stützen sich in erster Linie auf die Berichte der Polizei. Die fehlenden journalistischen Einordnungen, Eigenrecherche und verkürzte Darstellungen der Demonstrationen können bei Jüd:innen und Juden in Deutschland massive Sicherheitsbedenken auslösen. Während meiner Demonstrationsbeobachtung erhielt ich viele Nachrichten von Jüd:innen und Juden, die sich aufgrund dieser Bilder bedroht gefühlt haben. Sie äußerten, dass ihre Bedenken scheinbar nicht ernst genommen würden. Es braucht eine kritische Berichterstattung und Fachwissen. Mit gefährlichem Halbwissen wird das Vertrauen der jüdischen Bevölkerung verspielt.

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Schwerpunkt Mai 2021: Antizionismus

Im Mai 2021 beschäfigt sich Belltower.News vertieft mit dem Thema Antizionismus in Bezug auf die jüngste Eskalation im Nahostkonflikt. Im Schwerpunkt sind erschienen:

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