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Samuel Eckert Die Faktenresistenz des Eckert-Empires

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Samuel Eckert missioniert auch auf YouTube - auch wenn er dem Medium selbst auch nicht traut.

Mit den „Youngsters“ sollen selbst die Kinder indoktriniert – und durch Falschinformationen gefährdet – werden.

„I am Samuel Eckert“ – auf digitalen Plattformen

Eckert inszeniert sich auf YouTube wie ein vermeintlicher Nachrichtensprecher. In einem weißen Hemd sitzt er vor einem Mikrofon, im Hintergrund flackert eine Weltkarte. Im Intro zum sogenannten „Corona Update“ spielt Musik. Eckert gibt eine Überblick über die Themen des Tages. Im Stil einer Nachrichtensendung verbreitet Eckert allerdings keine Informationen, sondern Mythen und Unwahrheiten über das Corona-Virus. Sein erstes Video zur Coronakrise lud Eckert Ende März 2020 hoch, mittlerweile sind es allein auf YouTube mehr als 150 Videos mit 150.000 Abonnent*innen und insgesamt 12.923.699 Aufrufen. Auch auf Telegramm ist seine Abonnent*innen Zahl in den letzten Monaten sprunghaft auf 110.000 in die Höhe geschossen. Zum Vergleich, Atilla Hildmanns Telegramm Kanal hat aktuell 111.600 Abonnent*innen.

Auf „The Great Corona-Info-Tour“

Neben Auftritten auf „Querdenken“-Veranstaltungen, wie etwa bei der „Covid-Parade“ am 29. August 2020 in Berlin, für die in rechtsextremen Kreisen mobilisiert wurde, war der christliche Influencer, der aus Baden-Württemberg stammt und in der Schweiz wohnt, kürzlich trotz Pandemie auf Tour. Bei der „The Great Corona-Info Tour“ reiste Eckert zusammen mit szeneprominenten Corona-„Skeptikern“ wie Bodo Schiffmann, Ralf Ludwig und anderen mit einem Luxus-Nightliner durch verschiedene deutsche Städte, um dort Falschinformationen über das Coronavirus zu verkünden und Maskenverweigerer*innen einen Treffpunkt zu bieten. Wie bei echten Superstars gibt es auch bei Eckert Einblicke hinter die Kulissen. Der Rumble-Livestream beginnt bereits im Tourbus, aus dem er Gegendemonstrant*innen der Versammlung abfilmt. Rumble und Dlive (Eckert 21.000 Follower), sind Streamingplattformen, die nach dem Deplatforming, also den Ausschluss von rechtsextremen Kanälen auf Plattformen wie YouTube etwa für einige White Natonalists und Verschwörungsideolog*innen zu einer Alternative geworden sind. Ähnliches gilt für die Plattform Rumble, die ebenfalls von immer mehr rechtsalternativen Akteur*innen promoted wird. Dlive wirbt darüber hinaus mit einem Reward-System, mit dem User*innen anonym an Content-Creatoren spenden können. Ideal für Tesla-Besitzer Eckert, der auf allen möglichen Kanälen ständig zum Spenden aufruft.

Ein Missionar der Desinformation

Seine hörigen Maskenverweiger*innen spricht Eckert stets mit „Meine Lieben“ an, sorgt durch kleine Scherze für eine locker-fröhliche Stimmung im Publikum und steht selbstbewusst in der Mitte, wenn sich die Coronaleugner*innen um ihn scharren und er sie mit Desinformationen versorgt. Eckerts Auftritte erinnern nicht ohne Grund an die eines Missionars, der wichtige Glaubensfragen an die Masse überbringen muss. Erfahrungen diesbezüglich konnte er in den letzten Jahre als freier Prediger sammeln – seine Kirchengemeinde distanziert sich nun allerdings von seinen neuen öffentlichen Auftritten. Davor wurde der Maskenverweigerer bereits aus dem Predigtdienst entlassen, da er Masken „mit dem Antichristen in Verbindung gebracht“ haben soll.

Medizin-Verschwörungserzählungen

Doch welche wichtigen Botschaften möchte Eckert überbringen? Als Unternehmer oder christlicher Influencer durchläuft man schließlich keine medizinische Ausbildung, und doch geht es bei Eckert stets um den medizinischen Forschungsbereich – oder besser gesagt, um das Unvermögen der Wissenschaftler*innen. So behauptet Eckert beispielsweise, dass keine Prognose des Virologen Christian Drosten eingetreten sei, weiter noch, dass niemand in Deutschland an Corona gestorben sei. Merkel, Spahn und Drosten hätten einfach kein „rationales, faktenbasiertes Grundlagen-Argument“, was auch immer das genau sein soll. Demgegenüber inszeniert sich Eckert als die gute Seele auf der Seite der Wahrheit und vor allem, auf der Seite der Logik. Dort steht er in seiner Welt recht allein, denn alle bisherigen Statistiken, wissenschaftlichen Erkenntnisse und Forschungsergebnisse zu Covid-19 seien unlogisch. Für den selbsternannten Medizin-Kenner steht fest, dass der deutsche Staat dieses Jahr mit der Berichterstattung über Corona die meisten Verschwörungserzählungen und Falschmeldungen überhaupt in Umlauf gebracht habe.

Gleichsetzung der Bundesrepublik mit dem Nationalsozialismus

Eckert versucht sich also auch als Experte bei der Umkehrung von Begriffen. Weil Angriff ihm offenbar die beste Verteidigung scheint, postuliert er, nicht er verbreite Verschwörungserzählungen, sondern diejenigen, die Covid-19 erforschen und darüber berichten. Eine ähnliche Verdrehung inszeniert Eckert bei der „Corona-Tour“ in Fulda, wenn er darüber spricht, was vor 80 Jahren in Deutschland passiert ist. Damals wären Menschen blind anderen Menschen gefolgt und so etwas dürfe nicht noch einmal passieren, doch die Menschen würden einfach nicht aus der Vergangenheit lernen. Er vergleicht hier also das demokratische System der Bundesrepublik mit dem faschistischen Naziregime und suggeriert Parallelen zwischen 1940 und 2020, wodurch er den Nationalsozialismus schlicht relativiert. Dies treibt er auf die Spitze, wenn er betont, dass Anne Frank und Sophie Scholl Vorbilder der „Querdenken“-Bewegung seien.

Keine Berührungsängste zur rechtsradikalen Szene: Eckert mit der rechtsradikalen, IB-nahen Influencerin Naomi Seibt auf Instagram

Antisemitismus

Weiter behauptet er, dass für Gewalt und Hass und auch für diejenigen, die „sagen wir hassen Juden oder so ein Blödsinn“ in der „Bewegung“ kein Platz sei. Dies ist eine sehr steile These, selbst wenn man von Neonazis auf den Demonstrationene absehen wollte, da schon die virulenten Verschwörungserzählungen der „Querdenken“-Bewegung, wie Verschwörungserzählungen im Allgemeinen, ohne antisemitische Motive nicht funktionieren und stets Hass auf Jüdinnen und Juden befeuern. Bei Impfgegner*innen war dieses Jahr ein Davidstern mit der Aufschrift „Ungeimpft“ besonders beliebt. Das selbe Opfernarrativ bedient Eckert selbst, wenn er die Situation der Corona-Leugner*innen mit der Situation von politisch Andersdenkenden, also Verfolgten, im Nationalsozialismus vergleicht. Auch die Bündelung verschiedenster Verschwörungserzählungen unter „QAnon“ basiert auf antisemitischen Motive, wie etwa der Ritualmord-Erzählung.

Samuel Eckert teilt auf seinem Telegram-Kanal einen Beitrag aus der „QAnon“-Gruppe „ThanQ Q“

Neben Repostings von KenFM und Corona-Fakten, einer Telegram-Gruppe, die selbstgeschriebene Artikel über das Telegram-Tool Telegra.ph in Umlauf bringt und für die Eckert nun eigens eine Kategorie auf seiner Website erstellt hat, finden sich auch Reposts aus einer QAnon-Gruppe in Eckerts Gruppe wieder. Auch bewirbt er den „Q-Button“ aus dem Compact-Shop auf seinem Telegram-Kanal.

Werbung für den „Q-Button“ des rechtsradikalen „Comapct“-Magazins in Samuel Eckerts Telegram-Kanal.

Seine „Experten“ sind nicht nur Impfgegner, sondern Virus-Leugner

Ein „Experte“, der auf Eckerts Website bei den „Corona-Fakten“ viel zitiert wird, ist Impfgegner und Virus-Leugner Stefan Lanka. Lanka machte auf sich aufmerksam, als er 100.000 Euro für einen Beweis für das Masernvirus auf seiner Website ausschrieb. Der Beweis kam, Lanka zahlte nicht, gewann aber gegen die Zahlungsaufforderung vor Gericht und ist immer noch davon überzeugt, dass es das Masernvirus nicht gibt. Lanka gewann natürlich nicht, weil ihm das Gericht bezüglich seiner Behauptung zustimmte, sondern weil der Beweis für das Virus aus mehreren Publikationen stammte und nicht aus einer einzigen, wie von Lanka für die Auszahlung verlangt. Für die Impfgegner*innen gilt dieses Urteil jedoch als Beweis, dass es das Virus nicht gibt. (Ein weiterer vermeintlicher Beweis ist in Impfgegner*innen-Kreisen eine Anfrage von Lanka an das Gesundheitsamt nach „Beweisen für die Existenz von Viren“, die ins Leere lief.) Auch Eckert ist davon überzeugt, dass es keinen wissenschaftlichen Beweis für das Masernvirus gibt und hat hierzu einen Artikel zusammen mit „Corona-Fakten“ veröffentlicht. Nun wird das Masern-Gerichtsurteil als Beweis herangezogen, dass es auch das Corona-Virus auch nicht gäbe.

„Corona-Fakten“ bedankt sich bei Samuel Eckert.

Denn, so wird in dem „Corona_Fakten“ Beitrag „Die nachvollziehbare und überprüfbare Widerlegung der Virus-Behauptungen“ [sic] „argumentiert“, sei das Corona-Virus niemals isoliert worden. Weiter noch, Viruspartikel seien lediglich „Rückstände abgestorbener Gewebe und Zellen“. Es gebe also generell keinen Beweis für Viren. Die bekannten Todesfälle im Zusammenhang mit Corona sind laut Eckert Menschen, die an der Grippe verstorben seien. Und da nicht mehr Menschen sterben würden als sonst, könne das Virus nicht so tödlich sein wie behauptet, folglich sei es zweifelhaft, ob es überhaupt ein Virus gebe. Auch gebe es keine validierten PCR-Tests.

Anti-wissenschaftliche Argumentationsbasis

In den von Eckert geteilten Artikeln tauchen die Hashtags „Infektionsstheorie“ und „Universalbiologie“ auf. Der Begriff „Universalbiologie“ stammt aus anti-wissenschaftlichen Kreisen und es lässt sich keine wissenschaftliche Fachliteratur dazu finden. So geht die „Universalbiologie“ etwa davon aus, dass Krankheiten, wie beispielsweise die Masern, durch Trauma oder Konflikte ausgelöst werden, daraufhin würden dann (mehrere) „biologisch notwendige Abläufe“ in Form von Symptomen, wie Fieber, Husten und Schnupfen, starten. Diese paradoxen Annahmen lassen sich auch in der „Germanische Neue Medizin“ des antisemitischen Arztes Ryke Geerd Hamer finden.

Die von Eckert in Umlauf gebrachten Informationen über das Corona-Virus basieren folglich auf einem anti-wissenschaftlichen Fundament. Viel mehr wird allein durch den enormen Umfang und die kryptische, logisch nicht nachvollziehbare Argumentation der Texte, der Anschein erweckt, als sei man etwas ganz Großem auf der Spur. „Dein Abenteuer beginnt hier“ heißt es dazu passend auf der „The Great Corona-Info Tour“ Seite. Besonders durch Bibel-Zitate wie „Ihr werdet die Wahrheit finden, und die Wahrheit wird euch frei machen. Joh 8;32“, die Eckert unter seine Videos postet, wird eine Erzählung von einer vermeintlichen Wahrheitssuche geschaffen, bei der jede und jeder mitmachen kann, wenn er oder sie nur aktiv wird. Eckert und andere Corona-Leugner*innen fühlen sich der Wissenschaft überlegen, da sie ihre eigene entwickelt haben.

Rekrutierung und Instrumentalisierung von Kindern: Die „Youngsters“

„Willst auch du ein Mitglied der Youngsters werden? Bist du zwischen 10 und 18 Jahre alt? Dann schreibe Deine Bewerbung […]“. Die Youngster-Telegram-Gruppe ist Eckerts neustes Projekt und wird von Christiane Holst geleitet. Angeregt durch Eckerts Videos, begab sich Holst selbst auf Recherche, um herauszufinden, was hier eigentlich los sei. Ihr ganzes gesammeltes „Wissen“, so erklärt sie, musste sie dann unbedingt irgendwo posten – und qualifizierte sich somit augenscheinlich für die Leitung einer Telegram-Gruppe mit Kindern.

Das Interview, dass Eckert mit Holst führt, ist auf YouTube nur angeteasert und in voller Länge auf Rumble zu sehen. Denn, so Eckert, YouTube treffe „im Bezug auf Meinungsfreiheit sehr schwer nachvollziehbare Entscheidungen“. Und, befreit von den YouTube-Richtlinien zu medizinischen Fehlinformation über Covid-19, plaudern Eckert und Holst munter über die Telegram „Charackterschule“ (Eckert) auf Rumble. In Holsts Beschreibung klingt die Telegram-Gruppe wie ein Ort, an dem sich Kinder und Jugendliche kreativ ausprobieren können. Sie zeichnen Logos, schneiden Filme und überlegen sich Konzepte für Aktionen. Bei der „The Great Corona-Info Tour“ dürfen sie sogar auf die Bühne. So beispielsweise in Fulda, wo ein 12-jähriges Mädchen unter Schwierigkeiten eine Rede von einem Zettel abliest, deren Inhalt um ihre Maskenallergie kreist. Oder in Memmingen, wo eine andere „Youngster“ Hygienemaßnahmen an Schulen als „Hobby-Diktatur“ bezeichnet.

In der geschlossenen Telegram-Gruppe, über die der Zugang laut Eckert über einen Verifizierungsprozess mit Rechtsexperten geprüft wird, wird mit den Kindern und Jugendlichen über Themen wie „Maskenwahnsinn im Unterricht“ diskutiert. Laut Holst könnten viele Kinder unter der Maske nicht atmen und würden umkippen. Um zu verstehen, dass die Maske die Atmung behindere, ergänzt Nicht-Mediziener Eckert, müsse man schließlich auch kein Wissenschaftler sein. Damit knüpfen sie an Desinformationen an, die vor allem „The Great Corona-Info Tour“-Mitglied Bodo Schiffmann in die Welt gesetzt hat. Schiffman behauptet nämlich, dass schon mehrere Kinder durch das Tragen einer Maske kollabiert seien.

Holst klagt weiter, dass Kinder ohne Maske im Unterricht behandelt würden, als wären sie hochgradig gefährlich. Abstand halten ist für Holst also ein klarer Fall von Mobbing. Die Gruppe wäre daher ein wichtiger Ort für den Austausch mit dem Druck und der „Gewalt“ im Alltag umzugehen. Sie hingegen wartete mit einer ganz speziellen Herangehensweise in der Pandemie auf, die sich mehr auf das Leid des Individuums konzentriere. Schließlich habe sie in ihrem Ersthelfer*innenseminar gelernt, dass man zuerst an sich denken müsse und dann an die anderen. „Schütze dein Leben und dann das der Nächsten“, zitiert Holst und vergleicht kurzerhand vermeintliche Atemschwierigkeiten unter einer Maske mit einem lebensbedrohliches Szenario an einem Unfallort.

Kinder zu „Querdenkern“ indoktrinieren

Durch die Aussagen von Holst lässt sich erahnen, dass die Kinder und Jugendlichen in der Gruppe dazu ermuntert werden, sich gegen Hygienevorschriften und Maskenpflichten in Schulen zu wehren, „für ihre Meinung einzustehen“. Dies wird besonders an den Redebeiträgen der „Youngster“ deutlich, bei denen die gängigen Parolen der „Querdenker“ bereits sitzen.

Samuel Eckert interviewt auf der Plattform Rumble Christine Holst, die seine „Youngsters“-Gruppe betreut.

In den letzten Tagen werde Holst immer mehr von Eltern angeschrieben, die ihre Kinder auf dem „Youngster“-Kanal anmelden wollen. Coronaleuger*innen haben somit nun einen Ort, an dem ihre Kinder altersgerecht zu Corona-Rebell*innen geschult werden. Dazu gibt es Werbung auf der Seite „Corona-Info Tour“ für sogenannte „Freiheitsgruppen“ auf Telegram, in denen Infomaterial zur Verfügung gestellt wird. In der „Freiheitsboten“-Gruppe unter anderem Flyer, auf denen aus zusammengebastelten und aus dem Kontext gerissene Zitaten ein Szenario entworfen wird, in dem Kinder sich gar nicht mit dem Corona-Virus anstecken könnten. Als Verantwortlicher für den Flyer wird Schiffmann genannt.

Das Interview mit Holst hat nach drei Tagen 17,560 Views, die meisten auf Eckerts Rumble-Account.

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