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Demokratie in Gefahr Was gegen Hassrede, rechtsradikale Parolen und Online-Shitstorms hilft

Die AfD nutzt soziale Netzwerke sehr strategisch, um ihre Erzählungen zu verbreiten, die eigene Meinung als mehrheitsfähig zu präsentieren und Andersdenkende einzuschüchtern. Was können wir dem entgegen setzen? Argumentieren und widersprechen

 
(Quelle: Amadeu Antonio Stiftung)

AfD-Profile zu besuchen und dort zu argumentieren, erscheint wenig sinnvoll, da kritische Beiträge in der Regel schnell gelöscht werden können. Wo also argumentieren? Überall dort, wo AfD-Bilder oder -Argumente in der eigenen Timeline oder in der Kommentarspalte einer anderen Facebook-Seite geteilt werden, oder wenn die Beiträge plötzlich im vorpolitischen Raum auftauchen, etwa in Facebook-Gruppen mit regionalem Bezug. Strafrechtlich relevante Aussagen (z.B. Volksverhetzung, Holocaustleugnung, Beleidigung, Verleumdung) können im Netzwerk gemeldet oder über sogenannte Internetwachen bei der Polizei angezeigt werden.

Aber die Meinungsfreiheit deckt häufig auch rassistische, antisemitische, islamfeindliche, sexistische Äußerungen ab – es ist an uns zu widersprechen, Sachlichkeit in Diskussionen zu bringen und unsere Werte zu verteidigen.

Wichtig ist, das Framing und die Inhalte der AfD nicht zu reproduzieren. Das bedeutet auch, nicht den Original- post zu teilen, wenn auf rechtsradikale Beiträge aufmerksam gemacht wird, sondern einen Screenshot davon – wenn das überhaupt nötig ist. Andernfalls erhöht man die Reichweite der Beiträge.

Als Social Media-Moderator*innen:  demokratische Werte offensiv vertreten

Moderator*innen haben die Chance, Gespräche auf der eigenen Seite zu gestalten. Betreiber*innen von Social Media-Seiten haben das Hausrecht und können den Ton der Gespräche beeinflussen, eine Netiquette fest- legen, konstruktive Beiträge unterstützen – das sollten sie auch tun! Diskussionen werden besser, wenn der Ton moderat ist und Menschen keine Angst haben müssen, auf einer Seite angegriffen und beschimpft zu werden.

Mit dem Hass rechnen

Wird eine kontroverse Veröffentlichung, Veranstaltung oder ein Posting zu einem Thema geplant, das emotionale Debatten erwarten lässt, z.B. über Flucht und Migration? Dann muss der Hass der AfD-Anhängerschaft mit einkalkuliert werden. Eigene Aussagen sollten einwandfrei belegbar sein. Hierfür ist es ratsam zu überlegen, welche typischen Einwände formuliert werden könnten, und sachliche Antworten darauf vorzubereiten. Die Veröffentlichung sollte dann stattfinden, wenn auch die Zeit vorhanden ist, die Reaktionen zu moderieren und mögliche strafrechtlich relevante Beiträge zu dokumentieren.

Unterstützung einholen

Rechtsradikale Shitstorms können vor allem durch die gefühlte Übermacht der Hetzenden sehr entmutigend wirken. Deshalb ist Solidarität gefragt: demokratische und sachliche Gegenrede – und davon möglichst viel. Hilfreich kann auch sein, schon im Vorfeld Online- Unterstützung zu organisieren, etwa durch Likes und Kommentare von Menschen und Organisationen, die einem thematisch nahestehen.

Dem Shitstorm trotzen

Auch im Shitstorm gilt: Vorbereitung ist alles. Die Argumentationen von Hater*innen ähneln sich sehr oft, deshalb können Textbausteine vorbereitet werden. Im Vorfeld recherchierte Beratungsstellen und Unterstützungsstrukturen vermögen im Falle eines Shitstorms zu helfen. Auch Freund*innen, Familie oder Partnerorganisationen können in den Fokus der Hater*innen geraten und sollten deshalb informiert werden. Es ist wichtig, immer daran zu denken, dass auch Gewalt im digitalen Raum physische Auswirkungen haben kann. Die wichtigste Regel lautet also: Sich selbst vor dem Hass schützen. Im Falle eines Shitstorms kann die Moderation der eigenen Kanäle beispielsweise in vertrauensvolle Hände gegeben werden. Oft ist es hilfreich, mit Freund*innen und Kolleg*innen über das Erlebte zu sprechen. Und auch dies ist hilfreich zu wissen: In der Regel ist spätestens nach 3 Tagen das Schlimmste überstanden.

Monitoring

Um zu wissen, wie Themen innerhalb der AfD-Anhängerschaft diskutiert werden oder was AfD-Funktionär*innen verlautbaren, kann es sinnvoll sein, regelmäßig ein Auge auf Seiten der AfD und ihrer Akteure zu werfen. Hier lassen sich teilweise Vernetzungen und Verflechtungen mit rassistischen, islamfeindlichen, antisemitischen, rechtsextremen oder flüchtlingsfeindlichen Akteuren und Seiten belegen.

 

Beratung, Fortbildung, Qualifizierung und Unterstützung zur Verbesserung der Debattenkultur bieten:

 

Titelbild der Broschüre „Demokratie in Gefahr. Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der AfD“, Berlin 2019

Dieser Text ist ein Auszug aus der neuen Broschüre der Amadeu Antonio Stiftung.

Amadeu Antonio Stiftung (Hrsg.):

Demokratie in Gefahr. Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der AfD.

Berlin 2019

Zu beziehen hier: http://www.amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen

Aus der Broschüre auf www.belltower.news:

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