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#2 Die kommen alle nach Deutschland!?

 

Hierzulande glauben viele, alle Flüchtlinge wären auf dem Weg nach Deutschland. Richtig ist: Seit 2015 gehört Deutschland zu den Top Ten der Staaten, in denen sich Flüchtlinge aufhalten. Ähnlich viele oder mehr Flüchtlinge leben in der Türkei, in Pakistan, Libanon, Iran und Äthiopien.[i] Die oft genannte Zahl von über 1 Million Asylsuchenden, die 2015 nach Deutschland eingereist seien, wurde zwischenzeitlich auf rund 890.000 Personen korrigiert, da es viele Mehrfachregistrierungen und Weiterreisen gab.[ii] Im Jahr 2016 wurden in Deutschland rund 280.000 ankommende Asylsuchende gezählt.[iii]EU-weit verzeichnet die Bundesrepublik seit 2012 die meisten Asylzugänge. Davor stand allerdings lange Zeit Frankreich an erster Stelle, daneben nahmen auch Großbritannien, manchmal sogar Schweden mehr Asylanträge entgegen als Deutschland.[iv] Setzt man die Zahl der Asylanträge ins Verhältnis zur Einwohnerzahl, relativiert sich der Eindruck weiter: Ehe die Bundesrepublik hier 2015 an die Spitze rückte, lag sie jahrelang im europäischen Mittelfeld.Keine Frage: Für Flüchtlinge gibt es gute Gründe, hierherzukommen. Deutschland hat eine gefestigte Demokratie und eine starke Wirtschaft, politische und religiöse Freiheiten. 2016 nannten 73 % von 4.500 befragten Flüchtlingen als wichtigsten Grund für ihre Zielwahl die „Achtung der Menschenrechte“.[v] Asyl- und sozialrechtliche Regelungen sind dagegen nach Forschungserkenntnissen nicht generell entscheidend.[vi] Eine wichtige Rolle spielt, wo Verwandte oder Communities sind, etwa im Falle Syriens: Bereits vor Ausbruch des Krieges lebten hier über 30.000 syrische Staatsangehörige[vii] und zudem Deutsche syrischer Herkunft.Für das wirtschaftlich starke Deutschland mit einer Bevölkerung von über 80 Millionen Menschen ist die gestiegene Zahl der Asylsuchenden kein Grund zur Panik. Grundsätzlich ist immer mit Schwankungen bei den Flüchtlingszahlen zu rechnen. Sie hängen davon ab, wo und wie sich Kriege, humanitäre Katastrophen und Menschenrechtsverletzungen entwickeln und welche Fluchtmöglichkeiten und -wege es gibt.

[i] UNHCR: „Global Trends. Forced Displacement in 2015” und „Mid-Year Trends 2016”.

[ii] Bundesministerium des Innern (BMI) (Pressemitteilung vom 30.09.2016): „890.000 Asylsuchende im Jahr 2015“.

[iii] BMI (Pressemitteilung vom 11.01.2017): „280.000 Asylsuchende im Jahr 2016“. Anmerkung der Herausgeber*innen: Dass die Asylantragszahlen im Jahr 2016 dennoch höher waren als 2015, liegt daran, dass viele der bereits 2015 registrierten Menschen erst im Folgejahr ihren Asylantrag stellen konnten.

[iv] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF): „Asyl in Zahlen 2007(PDF-Dokument)“, „Asyl in Zahlen 2009(PDF-Dokument)“ und „Das Bundesamt in Zahlen 2015(PDF-Dokument)“.

[v] Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (Kurzbericht 24/2016): „Flucht, Ankunft in Deutschland und erste Schritte der Integration(PDF-Dokument)”.

[vi] BAMF; Antonia Scholz (2013): „Warum Deutschland? Einflussfaktoren bei der Zielstaatssuche von Asylbewerbern. Forschungsbericht 19(PDF-Dokument)“.

[vii] Statistisches Bundesamt (2011): „Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Ausländische Bevölkerung. Ergebnisse des Ausländerzentralregisters(PDF-Dokument)“.

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