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11. Dezember 2008 … Nach dem Rechten sehen

Zahlen der Bundesregierung zu Todesopfern rechtsextremer Gewalt lassen zweifeln, Neonazis wollen an Heiligabend in Aachen marschieren und kein Strafverfahren gegen eine Lehrerin, die ihre Schüler Hakenkreuze malen ließ.

 

Die tägliche Presseschau von Netz-gegen-Nazis.de

Die Zahl ist schon schlimm genug, dennoch erscheint fraglich, ob sie der Realität entspricht: Von der Wiedervereinigung bis Ende 2007 haben die Polizeien der Länder dem Bundeskriminalamt „insgesamt 40 Todesopfer politisch rechts motivierter Gewalt gemeldet?, wie das Bundesinnenministerium in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion berichtet. Dabei sprach das BKA vor drei Jahren von 41 Todesopfern rechtsextremer Gewalt. Außerdem ergaben schon 2003 gemeinsame Recherchen des Tagesspiegels und der Frankfurter Rundschau, dass seit Oktober 1990 rechts motivierte Täter mindestens 99 Menschen getötet haben, berichtet der Tagesspiegel.

Die wegen Hakenkreuz-Malereien in die Schlagzeilen geratene Lehrerin aus Kulmbach droht nun doch kein Strafverfahren. Entsprechende Ermittlungen seien eingestellt worden, berichtet die Berliner Morgenpost. Strafrechtlich seien die Vorwürfe nicht relevant, teilte der Leitende Oberstaatsanwalt Thomas Janovsky gestern in Bayreuth mit. Nach Angaben von Eltern ließ die 59-Jährige Grundschüler Hakenkreuze in ihre Hefte malen.

Die aktuelle CD von Michael Regener alias Lunikoff, „Heil froh“, ist nicht im Angebot: Die Internetseite UnsereMusik.de will zwar Rechtsrock publik machen, Aktualität ist nicht so ihre Sache, schreibt die taz. Anders der iTunes Store von Apple: Ganz offensichtlich ist der Zugang für Bands keiner Überprüfung unterworfen, denn sonst hätte wohl kaum die Neonazi-Band Landser den Zugang zu dem Online-Portal erhalten. Bis vor kurzem standen zwei Alben der rechtsextremen Band in Apples Musikportal zum Verkauf. Jetzt wurden sie entfernt, berichtet MacLife.

Burladinger Neonazis haben in Reutlingen geprügelt. Ein zu Unrecht Beschuldigter wurde jetzt freigesprochen. Unter Tatverdacht steht nun ein 21-jähriger Ringinger, den seine Kameraden schützen wollten, berichtet die Hohenzollerische Zeitung.

NPD im Kommunalparlament: Im Kreis Nordsachsen hat die NPD beantragt, in der Hauptsatzung des Landkreises einen Rückführungsbeauftragten für Ausländer zu installieren. Die Satzungsänderung wurde zwar mit breiter Mehrheit abgelehnt, als sich einer der NPDler allerdings für die Wahl des Ausländer- und Integrationsbeauftragten aufstellte, erhielt er eine Stimme mehr als NPD-Abgeordnete im Kreistag sitzen, berichtet die Torgauer Zeitung.

Die Journalistin Andrea Röpke wird im April mit dem Lutherpreis 2009 „Das unerschrockene Wort“ ausgezeichnet, berichtet die Südthüringische Zeitung. Seit Jahren recherchiert sie die Vorgänge in der rechtsextremen Szene und die „Heimattreue Deutsche Jugend“. Die „organisierte braune Kindererziehung“ ist auch Thüringen angekommen, berichtet die Journalistin in Eisenach.

Gegenaktivitäten

Mit einem „Sounds-of-Tolerance“-Konzert soll am Samstag im hessischen Wohnbach gegen den zeitgleich stattfindenden „Hessenkongress? von NPD und „Kameradschaften? berichtet die Wetterauer Zeitung.

Der für Heiligabend angekündigte Aufzug von Neonazis sorgt in Aachen für breite Empörung. Unter der Überschrift „Wir sind Aachen – Nazis sind es nicht“ hat der Rat der Stadt am Mittwoch einstimmig eine Erklärung verabschiedet, in der sich alle Fraktionen wiederholt gegen „öffentliche Aufmärsche und Demonstrationen demokratiefeindlicher Parteien und Organisationen“ aussprechen, berichten die Aachener Nachrichten. Das von Oberbürgermeister Jürgen Linden einberufenes bürgerliches Bündnis entschied trotzdem, auf eine Gegenkundgebung verzichten zu wollen. Stattdessen wolle man verstärkt für ein friedliches Miteinander werben und über die Gefahren durch Rechtsextremisten aufklären. Linke und Antifa-Gruppen setzen hingegen auf Gegenkundgebungen. Welche Strategie ist sinnvoll? Das fragte die Aachener Zeitung den Politologen Richard Gebhardt.

Seit September will Bad Nenndorf nach Wunsch der politischen Parteien einer Städtekoalition gegen Rechtsextremismus beitreten. Doch die Parteien blockieren sich gegenseitig mit Anträgen, berichten die Schaumburger Nachrichten.

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