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Die zwei Gesichter des Olaf Martin

Seit die Daten des in Deutschland verbotenen Skinhead-Netzwerkes Blood & Honour gehackt wurden, ist öffentllich, dass sich bis zu 500 deutsche User auf den Seiten tummeln. Olaf Martin, NPD-Kreisrat in Plauen und Besitzer eines rechtsextremen Szene-Ladens ist einer von ihnen.

 

Von Haidy Damm

Seit Juni ist der Ladenbesitzer im Kreisttag in Plauen (Sachsen) aktiv. Er sitzt dort für die NPD. Die rechtsextreme Szene im Vogtland organisiert sich seit Jahren aus „Freien Kameradschaften“ und zunehmend aus den Parteistrukturen der NPD. 1431 Stimmen hat Martin im Wahlkreis Vogtland bekommen, das sind vier Prozentpunte. Als Dank veranstaltete die NPD Anfang Juli in Plauen mit über 200 Teilnehmern eines der größten Neonazikonzerte der Region.

Bei der ersten Kreisttagssitzung im August hoffte die NPD-Fraktion noch darauf, sich als kompatibel zur Mitte der Gesellschaft präsentieren zu können. Das ist jetzt schwieriger: Martin und seine Parteifreunde Patrik Pelger aus Weischlitz und Nicole Fortak aus Plauen sind zunehmend isoliert. Aber nicht, weil Olaf Martin neben der Politik einen Szene-Laden namens „Ragnarök“ in seinem Heimatort Mylau betreibt, wo sich die Kameraden nicht nur mit Musik, Reichskriegsflagge und Bekleidung eindecken können, sondern auch mit Sturmhauben und Baseballschlägern. Sondern weil seit Kurzem das zweite Gesicht des NPD-Politikers öffentlich bekannt ist: Olaf Martin ist auch ?kaeptnplaf?.

Im September hatten Hacker aus der Antifa-Szene einen Internet-Server gehackt, auf dem die Website des rechtsextremen Blood & Honour-Netzwerks lagen. 32.000 Datensätze haben sie dort gefunden und offen ins Netz gestellt. Darunter auch Profile und Beiträge aus internen Foren, in denen sich die User Phantasie-Namen gaben. Einer davon war „kaeptnolaf“, Jahrgang 1971: Olaf Martin.

„Blood & Honour“ (zu deutsch: Blut und Ehre) ist ein in Deutschland seit 2000 verbotenes Skinhead-Netzwerk, das europaweit Rechtsrockkonzerte und den Vertrieb neonazistischer Musik organisiert. Seit etwa 1993 war Blood & Honour auch in Deutschland aktiv. Reihenweise richtete das Netzwerk illegale Neonazi-Konzerte in der ganzen Bundesrepublik aus. Unter dem Namen „Combat 18“ ist zudem ein schwer bewaffneter, terroristischer Teil von Blood & Honour vor allem in England und Skandinavien aktiv.

Der Redakteur Ulrich Riedel von der sächsischen Regionalzeitung Freien Presse hat als erster über Martins Erscheinen bei Blood & Honour geschrieben. Der NPD-Kreisrat bestätigte dem Redakteur zunächst, dass er – beziehungsweise sein Geschäft – tatsächlich auf der Webseite von Blood & Honour auftauchen könne. „Eine Werbung, ich habe dort Werbung betrieben“, habe Martin gegenüber der Freien Presse beteuert, „mehr nicht“. Er unterhalte jedoch „keine Kontakte“ zu dieser in Deutschland verbotenen Organisation. Nicht jeder, der in den Foren auftauche, sei auch Mitglied.

Dann, berichtet Journalist Riedel, habe Martin versucht, das Verbot von ?Blood & Honour? zu relativieren. Dieses gelte ja nur in Deutschland, er habe sich indes über einen Server im Ausland angemeldet. Schlimm genug, ging der NPD-Mann in die Offensive, „dass die Demokratie mit Verboten agiert“. Und legt kurze Zeit später auch noch nach. Er erstattete Anzeige gegen den Redakteur wegen Verleumdung sowie Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz.

Nun ist es tatsächlich nicht das Gleiche, in einem Forum Mitglied zu sein oder einer Organisation anzugehören. Dass er dem neonazistischen Netzwerk besonders kritisch gegenüber steht, ist allerings nicht anzunehmen: Mit verschränkten Armen sauß Olaf Martin, alias ?kaeptolaf? beim ?Rudolf-Heß-Gedenkturnier 2007? vor dem Verkaufsstand seines Ragnarök-Ladens. ?Blut? und ?Ehre? sind auf seine massigen Unterarme tätowiert: ?Blood? and ?Honour?.

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