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Interview Antirassismus und Unterhaltung auf TikTok

Bruder Stève hat mit seinen Videos über afrikanische Kulturen, das Aufwachsen in der Provinz und Rassismus in Deutschland schon über 1,7 Millionen Likes auf TikTok gesammelt. Geboren in Kamerun, aufgewachsen in einem 2.000-Seelen-Dorf in Nordbaden – „das prägt“, meint Stève – hätte er Profifußballer werden können. Heute ist er neben TikTok als IT-Berater tätig und lebt in Heidelberg. Wir haben mit ihm über Antirassismus, den Black History Month und TikTok gesprochen.

 
Bruder Stève ist mit Antirassismus erfolgreich auf TikTok. (Quelle: Bruder Stève)

Belltower.News: Warum und mit welcher Motivation hast du angefangen, TikToks zu machen?
Stève: Nach der ganzen Debatte rund um Black Lives Matter (BLM) wollte ich auf das Thema Rassismus aufmerksam machen. Dabei will ich nicht zum Erklärbär mutieren, sondern das auf meine eigene humoristische Art machen. Ab Januar 2021 habe ich dann regelmäßig Videos auf TikTok und Instagram hochgeladen.

Wie bist du auf deinen Namen @brudersteve gekommen?
Den Name Bruder Stève habe ich schon seit meiner Jugend. Als ich beim Fußball gegen andere Schwarze oder POC gespielt habe und wir unsere Namen nicht kannten, haben wir uns einfach mit „Bruder“ angesprochen. Einer meiner weißen Mitspieler hat dann angefangen, mich Bruder Stève zu nennen. Das hat mir gefallen.

Für Menschen, die dich noch nicht kennen: Wie würdest du deinen TikTok-Content beschreiben?
Ich mache Comedy-Videos über gesellschaftliche Themen. Das Thema Rassismus liegt mir besonders am Herzen. Aber ich mache auch Videos über das spezielle Verhalten von introvertierten Menschen oder über den Brot-Konsum der Deutschen.

Was möchtest du mit deinem Content bewirken?
Ich glaube, mein Content gibt Leuten die Möglichkeit, zum ersten Mal Dinge wahrzunehmen, die sie sonst nicht betreffen, wie zum Beispiel Rassismus. Viele Menschen beschäftigen sich immer noch zu wenig mit ihrem eigenen internalisierten Rassismus und Vorurteilen. Ich möchte mit meinem Content eine Reaktion in Menschen auslösen und sie zum Nachdenken bewegen. Deswegen bin ich besonders gespannt über die Diskussionen in den Kommentarspalten.

Welche Zielgruppe erreichst du mit deinem Content?
Beim Thema Rassismus erreiche ich natürlich sehr viele Leute, die sich eh schon damit beschäftigen. Entweder weil sie selbst betroffen sind oder jemand kennen, der es ist. Da bewege ich mich in einer gewissen Bubble.

Spannend sind aber auch die Menschen, die Fragen stellen oder ganz anderer Meinung sind. Alle aus meiner Bubble haben dann die Möglichkeit diese Menschen aufzuklären, damit sie die Lebensrealität von Betroffenen von Rassismus besser verstehen.

Februar war der Black History Month (BHM). Wie hast du den auf TikTok empfunden?
Dieses Jahr empfand ich den BHM als sehr ruhig auf TikTok. Auf anderen Plattformen war der Monat für mich präsenter. Ich war aber auch sehr beschäftigt mit meinem eigenen Content über afrikanische Länder und Kulturen. Ich liebe es zu sehen, wie Schwarze aus Afrika, USA, Lateinamerika und Europa sich gegenseitig supporten. Repräsentation ist wichtig – auch über den BHM hinaus.

Für 2023 wünsche ich mir, dass der BHM nicht nur im Internet stattfindet. Schön wäre es zum Beispiel, wenn der Bundestag sich damit beschäftigt. Oder es gäbe eine Parade, so ähnlich wie der Christopher-Street-Day, aber eben für Schwarze Kultur. Einen Namen hätte ich sogar schon: Der „Theodor-Wonja-Michael-Day“.

Wie du schon angedeutet hast, stellst du zurzeit die verschiedenen Länder Afrikas in einzelnen TikToks vor. Was ist deine Motivation hinter diesem Format und wie wird es von deinem Zuschauer:innen angenommen?
Da der BHM ursprünglich aus den USA kommt, wird natürlich auch hier viel über Schwarze Kultur aus den USA gesprochen. Aber der Ursprung jeder Schwarzer Kultur liegt in Afrika. Mein Beitrag zum BHM ist die Vielfalt des Kontinents vorzustellen. Und das hat sehr vielen Leuten gefallen, was mich freut.

In dieser Videoreihe  hatte ich auch eigentlich nur vor über vier oder fünf unterschiedliche zu erzählen. Aber Menschen haben mich über alle möglichen Kanäle gebeten, auch über ihr Land zu sprechen. Jemand schrieb mir: „Danke. Endlich spricht jemand über mein Land und was da passiert.“ Inzwischen ist es eine Herzensangelegenheit und alle 55 Länder werden vorkommen.

Wie nimmst du die Afro-Deutsche und die Black Community auf TikTok wahr? Tauschst du dich aus oder kollaborierst du mit anderen Schwarzen Creator:innen?
Die Afro-Deutsche-Community ist sehr aktiv auf Tiktok und viele machen richtig guten und kreativen Content in allen möglichen Bereichen. Aber ich würde mir wünschen, dass die Community sich weniger mit Themen aufhält, die von Nicht-Schwarzen vorgegeben werden. Wir sollten lieber noch mehr zeigen, wo Schwarzsein in Deutschland überall stattfindet und was wir gut finden, aber auch was wir verändern wollen. Kooperationen mache ich leider zu wenige. Aber das wird sich ändern. Versprochen.

Wie gehst du mit Rassismus und Hate Speech auf TikTok um?
Ich beschäftige mich nicht lange damit. Meistens lasse ich blöde Kommentare sogar stehen, denn irgendjemand hat seine Lebenszeit geopfert, um mir was Blödes zu schreiben. Das darf dann auch ruhig jeder sehen und jeder kann dieser Person dann mit freundlichen Worten oder Ratschlägen weiterhelfen. Aber ich melde und blockiere diese Kommentare auch.

Bei Demokratiktok möchten wir gemeinsam mit jungen Multiplikator:innen auf empowernde, informative und hilfreiche Videos machen, die ein demokratisches Miteinander fördern. Was möchtest du Leuten auf den Weg mitgeben, die auf TikTok politisch aktiv sind oder es werden wollen?
Ich persönlich mag es, wenn TikToker:innen über Themen sprechen, die ihnen wirklich wichtig sind. Es ist nicht nötig, auf jede Trend-Diskussion aufzuspringen. Außerdem ist es hilfreich, mit anderen zu sprechen, die ähnlichen Positionen haben. Gerade in Sachen  Hate Speech, finde ich es sinnvoll sich mit anderen auszutauschen. Und das wichtigste ist: TikTok ist in erster Linie Unterhaltung. Deswegen hoffe ich, dass sich alle den Spaß am Content erstellen bewahren.

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