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Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern „Die NPD führt einen staatlich subventionierten ‚Aufbau Ost‘ durch“

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Mecklenburg-Vorpommern ist eines der beiden Bundesländer, in dessen Landtag eine NPD-Fraktion sitzt. Bei der Wahl 2006 schaffte die NPD es mit einer Strategie der bürgerlichen Anbiederung, einen Zugewinn von über fünf Prozent der Stimmen und damit 7,3 Prozent zu erreichen. So zog sie zum ersten Mal in den mecklenburgischen Landtag ein, als Fraktion mit sechs Abgeordneten, von denen einige aus dem Umfeld der Kameradschaften kommen. Besonders der Fraktionsvorsitzende Udo Pastörs macht immer wieder von sich reden, zuletzt stand er wegen volksverhetzender Aussagen vor Gericht. Sonst fällt die Berichterstattung über die Aktivitäten der NPD-MV eher gering aus.

Warum die NPD in den Medien kaum noch präsent ist, hat laut Günther Hoffmann, langjähriger Kenner der Szene, verschiedene Gründe: Dies habe mit der Umorganisation der Presselandschaft in Mecklenburg-Vorpommern seit zwei Jahren und der damit einhergehenden Zeit- und Personalknappheit zu tun. Größere deutsche Medien haben keine Berichterstatter im Land mehr, so zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung. Öffentlichkeitsarbeit sei auf Grund von Befürchtungen mittlerweile nur noch defensiv, so seien zum Beispiel KommunalpolitikerInnen nicht mehr bereit, zum Thema Rechtsextremismus an die Öffentlichkeit zu gehen. Generell habe das Thema zur Zeit in den Medien kaum Konjunktur, stellt der langjährige Experte fest.
Die Nicht-Beachtung gibt der NPD größere Handlungsfreiheit ? sie hat gerade in ländlichen Bereichen keine Gegenöffentlichkeit und kann zum Beispiel durch ihre Publikation, den kostenlos zugestellten ?Boten?, und tägliche Agitationsveranstaltungen eine Meinungshoheit erringen.

Eine Ausweitung des rechtsextremen Einflusses fand im Jahr 2009 durch die Kommunalwahlen statt, bei denen die NPD einige Mandate dazu gewinnen konnte. Die Ergebnisse der Bundestagswahl blieben laut dem aktuellen mecklenburgischen Verfassungsschutzbericht ?jedoch hinter dem Ergebnis der Bundestagswahl 2005, dem Ergebnis der Landtagswahl 2006 sowie den szeneeigenen Erwartungen zurück?.

Demokratische Parteien bemühen sich zumindest oberflächlich, der NPD etwas entgegen zu setzen. Es gibt seit 2007 im Rahmen des Landesprogramms ?Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken? fünf ?Regionalzentren für demokratische Kultur?, deren Arbeitsschwerpunkt in der aktiven Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen Ideologien liegt. ?Seit Beginn dieses Programms lehnen sich die demokratischen Parteien zurück?, kritisiert Hoffmann. Es mangele an öffentlicher Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, nur einzelne Politiker wie der Innenminister des Landes, Lorenz Caffier von der CDU oder Norbert Nieszery, der SPD-Fraktionsvorsitzende, zeigten Gesicht. Caffier setzt sich besonders für ein erneutes Verbotsverfahren gegen die NPD ein.

Im Sommer 2011 steht die nächste Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern an, bei der sich die NPD wieder um den Einzug bemühen wird. Nach Einschätzung von Karl-Georg Ohse vom Regionalzentrum für demokratische Kultur Westmecklenburg wird der Wahlkampf diesmal etwas anders aussehen als bei der letzten Wahl: ?Die NPD wird nicht mehr der Wolf im Schafspelz sein, mittlerweile zeigen sie sich wieder wesentlich militanter?. Sie führen viele Demonstrationen und Aufmärsche durch, bei denen der Einfluss der Kameradschaften deutlich wird. Die Verfassungsfeindlichkeit und der Wunsch nach einem ?völkischen Führerstaat? verbindet laut dem Verfassungsschutzbericht 2009 die NPD mit den Kameradschaften. Darüber hinaus findet sich einiges Personal aus den Kameradschaften in der NPD. Der zuletzt durch Veröffentlichung von Adressen demokratischer Parteien auf der von ihm betriebenen Website in den Blick der Öffentlichkeit geratene David Petereit ist einer hiervon. Er gilt als einer der führenden Köpfe der Kameradschaftsszene und ist stellvertretender Landesvorsitzender der NPD-MV.

Die rechtsextreme Landschaft ist in Mecklenburg-Vorpommern anders strukturiert als in anderen Ländern. In Mecklenburg-Vorpommern gebe es keine Trennung zwischen Kameradschaften und der NPD. Günther Hoffmann sagt: ?Die Kameradschaften benutzen die NPD als Deckmantel?. Durch den starken Einfluss der Kameradschaften ist die NPD-MV nach Hoffmanns Einschätzung der radikalste NPD-Landesverband. Dass die Kameradschaften die NPD nutzen, habe zwei Gründe: erstens bietet die NPD gute Agitationsmöglichkeiten und zweitens dient ihre finanzielle Ausstattung dem Strukturaufbau, der langfristig nicht (nur) der NPD, sondern dem ?Nationalen Widerstand? zu Gute kommen soll. ?Die NPD führt einen staatlich subventionierten ‚Aufbau Ost‘ durch, um Anker zu setzen?, kommentiert auch Karl-Georg Ohse. So gibt es zum Beispiel seit April diesen Jahres in Grevesmühlen ein neues Bürgerbüro, das ?Thing-Haus?.

Grundsätzlich attestiert der Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern der NPD: ?Eine qualifizierte Parlamentsarbeit liegt nach wie vor nicht in ihrem Interesse, sondern sie möchte durch provokante Aktionen auffallen und so die Erwartungen der eigenen Klientel ? Mitgliedern wie auch Wählern – erfüllen. Dabei will sie vorrangig ?Stachel im Fleisch? der von ihr so genannten ?Systemparteien? sein.? So ist eine bei der NPD-MV beliebte Taktik, VertreterInnen demokratischer Parteien zu diffamieren und einzuschüchtern. Gleichzeitig geben die NPD-Mitglieder sich bürgernah, veranstalten Kinderfeste und befassen sich mit regionalen beziehungsweise lokalen Belangen.

In der Sonntagsfrage wird deutlich, dass die NPD gute Chancen darauf hat, wieder in den mecklenburgischen Landtag zu kommen. Hoffmanns Prognose fällt folgendermaßen aus: ?Mit Sicherheit kann davon ausgegangen werden, dass die NPD 2011 wieder in den Landtag kommt. Eine große Entschlossenheit demokratischer und zivilgesellschaftlicher Organisationen und eine Sensibilisierung der Bevölkerung gegenüber Rechtsextremismus wäre nötig, um die NPD am Einzug in den Landtag zu hindern. Aber dafür sind die Ressourcen zu knapp.?

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