Weiter zum Inhalt

Schlag gegen die rechtsextreme Szene Zum Verbot der Kameradschaft „Besseres Hannover“

Nachdem erst kürzlich drei militante Neonazi-Kameradschaften in Nordrhein-Westfalen verboten worden sind, gelang den Behörden in Niedersachsen jetzt der nächste Schlag gegen die rechtsextreme Szene. Mit sofortiger Wirkung ließ der Innenminister Uwe Schünemann (CDU) am Dienstag, den 25. September, die Neonazi-Gruppierung „Besseres Hannover“ verbieten. Außerdem ermittle die Staatsanwaltschaft gegen 22 Personen wegen „Bildung einer kriminelle Vereinigung“.Bereits in den Morgenstunden hatten bis zu 100 Beamte der niedersächsischen Polizei mehrere Gebäude in und um Hannover durchsucht und den führenden Aktivist*innen von „Besseres Hannover“ eine Verbotsverfügung übergeben. Insgesamt seien an 27 Orten Razzien vorgenommen worden, berichtet der „Blick nach Rechts“ und schreibt, dass dabei unter anderem eine Handgranate und eine Machete sichergestellt worden sind. Auch Hieb- und Stichwaffen wurden dem Online-Magazin zufolge entdeckt und ebenso wie Computer und Handys von den Polizisten eingezogen.

 
Homepage-Screenshot der rechtsextremen Kameradschaft "Besseres Hannover" mit eingefügtem Verbotszeichen (Quelle: Screenshot)

„Klares Signal“Infolge der Durchsuchungen werde jetzt gegen 22 der insgesamt wohl 40 Angehörigen von „Besseres Hannover“ ermittelt. Der Vorwurf, den die Staatsanwaltschaft gegen die Neonazis erhebt, lautet auf „Bildung einer kriminellen Vereinigung“. Vorausgegangen seien dieser Maßnahme „mehrmonatige Ermittlungen“, durch die man „die Vereinsstrukturen rechtssicher beweisen“ könnte, wie Innenminister Schünemann auf einer eigens anberaumten Pressekonferenz am Dienstag Mittag gesagt hatte. „Man redet nicht über Verbote, man macht sie beweissicher und schlägt dann zu“, sagte der Innenminister und deutete dies zugleich als „klares Signal für den weiteren Kampf gegen Rechtsextremismus“, wie es in einem Artikel beim „Blick nach Rechts“ heißt. Ähnlich erfreut hatte sich auch der Polizeipräsident Hannovers geäußert, indem er von einem „wirklich guten Tag“ sprach.Gründe für das Verbot hatte es gleich mehrere gegeben, wie auf der Pressekonferenz deutlich geworden war. Neben einer Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus, die bereits in den Artikel der Gruppierung zu erkennen sei, wurden auch noch eine „aggressiv kämpferische Weise gegen den Rechtsstaat“ und die Ausrichtung der Neonazi-Kameradschaft „gegen den Gedanken der Völkerverständigung“ angeführt. Zudem würde es ein Ziel der Gruppierung sein, Straftaten zu verüben, so der „Blick nach Rechts“ weiter. Durch das erlassene Verbot sind der Neonazi-Organisation fortan alle weitere Aktivitäten ebenso verboten wie eine Neugründung, die laut Innenministerium auch unter einem anderen Namen nicht vorgenommen werden darf.

„Besseres Hannover“ sichtlich unbeeindrucktDie militante Gruppierung, die seit dem Jahr 2008 besteht, fiel vor allem durch das Verteilen von Propagandamaterialen, Drohungen und Gewaltdelikten auf. Erst in diesem Jahr machten Angehörige von „Besseres Hannover“ Schlagzeilen, als sie antifaschistische Jugendliche, die gerade einen Infostand abbauen wollten, mit Flaschen bewarfen und mit Pfefferspray angriffen sowie anschließend versuchten, diese mit einem Messer zu attackieren. Nur durch viel Glück blieb die Attacke erfolglos und die couragierten Jugendlichen unverletzt. Wenig später fielen die selben Täter nochmals auf, als sie alternative Jugendliche attackierten und ihnen dabei auch Verletzungen zufügten.Zudem machte die Gruppierung in diesem Jahr medial von sich reden, als sie der niedersächsischen Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) eine Drohmail zugeschickt haben, in der es beispielsweise unmissverständlich hieß: „Wir haben die Schnauze voll und können auch anders!“ Ansonsten machte die Gruppierung durch das Verteilen ihrer Zeitschrift „Bock“ in der Nähe von Schulen und durch den rassistischen „Abschiebär“ (eine Kunstfigur der Kameradschaft in Stile eines Teddybären) auf sich aufmerksam. Zuletzt geriet der „Abschiebär“ in die Presse, weil im Internet ein Video aufgetaucht war, dass einen Mann im Bärenkostüm mit Hitlergruß vor einem Döner-Imbiss zeigt.Während die Freude über das Verbot vielerorts groß ist, zeigt sich „Besseres Hannover“ sichtlich unbeeindruckt. Die Internetseite der Gruppierung ziert in der Zwischenzeit nämlich die Losung „Wir sind verboten. Na und?“, die von den „Unsterblichen“ übernommen worden ist. „Die Unsterblichen“, die bereits zuvor den Slogan „Wir sind keine Demokraten. Na und?“ auf ihrer Homepage hatten, haben diese Losung nach ihrem Verbot veröffentlicht. Seither wird er von anderen verbotenen Gruppen häufig übernommen und scheint in der rechtsextremen Szene viel Zuspruch zu finden.

Belltower.News macht gemeinnützigen Journalismus, denn wir klären auf und machen das Wissen von Expert*innen zu Antisemitismus, Rassismus und
Rechtsextremismus und allen anderen Themen der Amadeu Antonio Stiftung für alle zugänglich.
Unsere Reportagen, Recherchen und Hintergründe sind immer frei verfügbar und verschwinden nie hinter einer Paywall. Dafür brauchen wir aber auch deine Hilfe.
Bitte unterstütze unseren Journalismus, du hilfst damit der digitalen Zivilgesellschaft!

Weiterlesen

kopftuch

Prozess um rassistischen Angriff in Frankfurt Politische Motivation vor Gericht ausgeblendet

Im Oktober 2017 beleidigt Christian K. in Frankfurt eine Frau wegen ihres Kopftuchs. Als zwei Männer zur Hilfe herbeieilen, schießt der Angreifer einem der Männer mit Reizgas ins Gesicht – auch Umstehende wurden verletzt. Vor Gericht wird die politische Motivation des Angeklagten jedoch ausgeblendet.

Von
kein-ort-vpg-mut_0

Kommentar Vorpommern zeigt wie’s geht

Der Rechtsextremismus wird weder durch ein NPD-Verbot, noch durch die Reform des Verfassungsschutzes zurückgedrängt werden. Sondern mit gesellschaftspolitischem und wachem…

Von
Idil Press-5

Idil Baydar im Interview „Wenn man mich als Migrantin nicht kriminalisieren kann, bin ich uninteressant für die Polizei.“

Seit Jahren wird die Schauspielerin Idil Baydar von Rechtsextremen bedroht. Jetzt stellt sich heraus: Ihre Daten wurden von einem Polizeirechner abgerufen. Ein Gespräch über verlorenes Vertrauen in die Behörden, undankbare Migrant*innen und fehlende Transparenz.

Von

Schlagen Sie Wissenswertes in unserem Lexikon nach.