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„Zertreten, Erschlagen, Erstochen“ Die Opfer rechter Gewalt

Eine neue Broschüre soll an die Opfer rechter Gewalt in Sachsen-Anhalt erinnern. Unter dem Titel „Zertreten, Erschlagen, Erstochen“ werden die Schicksale von 13 Menschen beschrieben, die bei Gewalttaten ums Leben gekommen sind.

 
Neue Broschüre "Zertreten, Erschlagen, Erstochen" (Quelle: Bündnis 90/Die Grünen Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt)

„Ohne Gewalt ist ein neonazistisches Weltbild nicht zu denken“ mit diesen Worten beginnt eine neue Broschüre von Bündnis 90/Die Grünen, die an die Opfer rechter Gewalt in Sachsen-Anhalt erinnern soll. Seit 1990 seien mindestens 180 Menschen durch rechte Gewalt ums Leben gekommen, in Sachsen-Anhalt seien es mindestens 13. Dabei treffe die Gewalt alle, die nicht in das Weltbild von Neonazis passten: Punks, MigrantInnen, Menschen mit Behinderungen, Obdachlose und politische GegnerInnen. „Häufig solche, die auch von der Mehrheitsgesellschaft an den Rand gedrängt und deshalb leicht zu Opfern werden“, heißt es in der Broschüre.

Die Erinnerung an sie wachzuhalten ist das Ziel der Publikation. „Unsere Broschüre ‚Zertreten Erschlagen Erstochen‘ beschreibt das Schicksal der Toten und gibt ihnen damit ein Stück ihrer Individualität zurück. Der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist es wichtig, das Andenken an die 13 Getöteten wach zu halten“, erklärte Sebastian Striegel, innenpolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion dazu. Rechte Gewalt sei in Sachsen-Anhalt ein alltägliches Phänomen, daher gelte es, das Thema im öffentlichen Bewusstsein zu halten.

„Es war, als ob ein Krieg ausbrach“

Die Schicksale der 13 Todesopfer berühren: In teils nüchternen, teils drastischen Worten beschreibt die Broschüre, wie sie ermordet wurden. So wird etwa an Thorsten Lamprecht erinnert. Am 9. Mai 1992 stürmten 60 Rechtsextreme eine Punk-Fete im Magdeburger Lokal „Elbterrassen“. Mit Baseballschlägern beginnen sie, auf die Feiernden einzuschlagen. Flüchtende Gäste werden mit Leuchtpistolen beschossen. Immer wieder rufen die Neonazis Parolen wie „Heil Hitler!“ und „Sieg Heil!“. Später wird der Wirt des Lokals sagen: „Es war, als ob ein Krieg ausbrach.“ Nach einer halben Stunde ist alles vorbei. Acht Partygäste werden ins Krankenhaus eingeliefert. Unter den drei Schwerstverletzten ist Thorsten Lamprecht. Auf seinem Gesicht ist noch der Fußabdruck eines der Neonazis zu sehen. Sein Schädel ist gebrochen. Zwei Tage dauert der Überlebenskampf des 23-jährigen Punks, den er schließlich verliert. Wer den jungen Mann ermordet hat, wird nie ermittelt werden.

Eine andere Geschichte beschreibt das Schicksal von Eberhart Tennstedt. Am 5. Mai 1994 werden er  und ein weiterer Obdachloser in Quedlinburg von Neonazis überfallen. Drei Mitglieder einer rechten Clique schlagen die Wohnungslosen, treiben sie mit einer Gaspistole in einen Fluss und hindern sie daran, ihn wieder zu verlassen. Eberhart Tennstedt ertrinkt.

Verweigerte Gerechtigkeit

Obwohl die Landesregierung 18 Jahre später einräumte, dass eventuell ein rechtes Motiv für die Tat vorliege, geht der Mord nicht in die Statistiken zu rechtsextremer Gewalt ein – wie so oft. Auch bei den in der Broschüre vorgestellten Fälle sind nur sieben in die amtliche Statistik aufgenommen worden. „Weitere sechs Fälle hält die Landesregierung trotz teilweise erdrückender Faktenlage und einer erneuten Überprüfung von Gerichtsunterlagen nicht für eindeutig bewertbar. Sie verweigert damit bis heute denjenigen Gerechtigkeit, die von Neonazis zertreten, erschlagen und erstochen wurden“, heißt es dazu in der Broschüre.

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