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Kita-Kinder aus rechtsextremen Familien Sprachlos im Morgenkreis

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Der Ton der Diskussion ist erregt. ?Nun macht die Indoktrination ? genannt Kampf gegen Rechts ? nicht mal mehr vor den Allerjüngsten halt?, meint ?Dr. Josef Göbbel? auf einer einschlägig rechtsextremen Internetseite. Und ein ?stolzer Reichsdeutscher? meint: ?Schützt Eure Kinder vor einer ?demokratischen? Entwicklung von volksfeindlichen und verblendeten Neukommunisten (Demokraten). (?) Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsbildung und darf dies auch öffentlich äußern. Nur eines der Menschenrechte, die in dieser ?freiheitlichsten Demokratie auf deutschem Boden? verletzt werden.? Wenn es darum geht, Kindern demokratische Werte zu vermitteln, laufen Nazi-Eltern Sturm. Selbst nicht-rechte Zeitgenossen fragen sich mitunter ? so etwa auf der Netz-gegen-Nazis-Seite auf Facebook ? ob das nicht ?zuviel des Guten? sei. Dabei geht es bei den Multiplikatorentrainings um eine Frage, die eigentlich alle Eltern ihren Kindern wünschen müssten: Wie können Erzieherinnen dazu beitragen, Kinder zu starken, selbstbewussten, meinungsfähigen Menschen werden zu lassen?

Auf tragische Weise amüsant dabei, dass die rechtsextreme Szene immer schnell mit ihrer beschnittenen ?Meinungsfreiheit? argumentiert, wenn sie Menschenfeindlichkeiten nicht unkommentiert in die Welt setzen darf. Denn eines zeigen die Erfahrungen der Erzieherinnen in Mecklenburg-Vorpommern deutlich: Wenn es eine Gruppe gibt, für die Meinungsfreiheit wirklich nicht gilt, sind es Kinder rechtsextremer Eltern. Die fallen nämlich vor allem durch Sprachlosigkeit auf. Wenn am Montagmorgen in der Kita alle Kinder im Morgenkreis darauf brennen, zu berichten, was sie am Wochenende erlebt haben, schweigen die Kinder aus rechtsextremen Familien. Rutscht ihnen doch einmal ein Wort wie ?Zeltlager? heraus, schlagen sie sich erschrocken auf den Mund.

So ist schwer zu sagen, inwieweit Kinder aus rechtsextremen Familien bereits im Kindergartenalter politisch indoktriniert werden, denn die Kinder sprechen nicht. Die Bedrücktheit eines Kindes, niemals seine Erlebnisse erzählen zu dürfen, mag sich jeder selbst vorstellen. Aber Demokratiearbeit in der Kita, die übrigens auch zum Erziehungsauftrag im Kitaförderungsgesetzes gehört, wendet sich zunächst gar nicht an Kindern aus rechtsextremen Elternhäusern, sondern an alle. Es geht etwa darum, Kinder an Entscheidungen zu beteiligen, die sie selbst betreffen und die sie selbst mitfällen können: Wie soll der Kita-Spielplatz umgebaut werden? Welches Spielzeug wird angeschafft? Mit der Erfahrung, ernst genommen zu werden, selbst wirksam sein zu können, können Kinder zu selbstbewussten Persönlichkeiten reifen. Es geht auch um die Vorbildfunktion von Erziehern und Erzieherinnen bei der vorurteilsbewussten Erziehung: Achte ich die Kinder in als individuelle Wesen, oder operiere ich mit Stereotypen wie den ?Raufbolden? oder den ?niedlichen Mädchen?? Wie geht konstruktives Streiten? Wie kann in Kindern ein Gefühl geweckt werden, nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Gemeinschaft zuständig zu sein, damit sich alle wohlfühlen?

Denn um eine politische Grenzziehung, etwa mit der Festschreibung des demokratischen Standpunktes in der Trägerkonzeption, geht es gegenüber rechtsextremen Eltern oder einem rechtsextrem agierenden Umfeld. Den Kindern wird nur ein positives Gegenbild aufmerksamen Zusammenlebens angeboten.

Das Multiplikatoren-Training ?Augen-Blick mal? des Projektes ?Lola für Lulu? wendet sich an Kita- und HeimerzieherInnen sowie GrundschullehrerInnen, die in ihrer Arbeit Erfahrungen mit rechtsextremen, antidemokratischen und diskriminierenden Einstellungen machen und nach Handlungsoptionen suchen.

Mehr dazu:

| Demokratie-Erziehung gegen Rechtsextremismus schon im Kindergarten: „Eine besonders lohnende Arbeit“

| www.lola-fuer-lulu.de

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Was tun? Hier gibt es Tipps für Gegenstrategien

Mit Rechtsextremen bekommen Menschen oft überraschend zu tun. Sie machen eine Kneipe in der Nachbarschaft auf, beschimpfen ihr Opfer plötzlich online oder sprühen rassistische Parolen an die lokale Flüchtlingsunterkunft. Und dann? 

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