Anetta Kahane ist Vorsitzender der Amadeu Antonio Stiftung. Aufgewachsen in Ost-Berlin, warnte als erste und einzige Ausländerbeauftragte des Magistrats von Ost-Berlin eindringlich vor den Gefahren des Rechtsextremismus. 1991 gründete sie die RAA e.V. (Regionale Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule) für die neuen Bundesländer. 1998 gründete Anetta Kahane die Amadeu Antonio Stiftung, mit der Sie Konzepte und Netzwerke für Demokratie und Opferschutz und gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und andere Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entwickelt.
Gauland scheißt drauf. Auf die größten Metzeleien in der Menschheitsgeschichte mit zwei Weltkriegen. Er scheißt auf die kaltherzig geplanten und heißblütig exekutierten Morde an Juden und vielen anderen. Gauland schaut herab auf die Ereignisse, auf diese winzigen Menschlein, wie sie verzweifelt um ihr Leben rennen. Von da oben gesehen wabert unten eine schreiende Menschenmasse, auf die er getrost einen lassen will.
Die AfD sitzt im Bundestag, das wird eine Herausforderung für alle Demokraten und Demokratinnen. Aber es gibt so viel wichtigeres zu tun, als nur auf die rechtspopulistischen Menschenfeinde zu schauen. Kolumne von Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung.
Zwei Jahre Polarisierung im politischen Alltag, zwei Jahre voller Konfrontation liegen hinter uns. Zwei Jahre voller rechter Propaganda, aber auch ebenso vielen positiven Erkenntnissen über stabile Menschlichkeit. Diese zwei Jahre waren lang wie ein Marathon. Es wurde sichtbar, was bisher nur als diffuse Stimmung zu spüren war. Das ist neu in Deutschland. Die Zeiten der verdrucksten Andeutungen sind vorbei. Im Alltag bleibt manchmal wenig Platz für die Frage: Was treibt uns eigentlich an?
Schaut man in die Debatten unserer Tage, ganz besonders wenn es um politische Gewalt geht, kann man den Eindruck haben, Deutschland leide an einer bipolaren Störung, meint Anetta Kahane.
Antisemitismus neigt dazu überall zu verschwinden. Es gibt ihn demnach weder in der Friedensbewegung, noch in den Antielitenprotesten der Querfront, noch in muslimischen Milieus, noch mit Israelbezug oder im politisch linken Antiimperialismus. Nirgends Antisemitismus.
Zu den wohl ansteckendsten Übeln dieser Welt gehört die schlechte Laune. Sie braucht eigentlich keine Anlässe, weil es immer Dinge gibt, die einen grummeln lassen oder schlimmeres. Schauen wir uns um: Unsere Welt ist voller Ereignisse, die schlechte Laune provozieren. Terror, Feindseligkeiten, himmelschreiende Ignoranz, Rassismus und allenthalben Leid und Unglück. Wenn es mir schlecht geht und ich in eine Stimmung gerate, in der mir angesichts all dessen die Welt hoffnungslos erscheint, dann schaue ich auf einen Brief, den ich mir selbst geschrieben habe. Darin steht an erster Stelle: "Bitte, mach keine Haufen aus ungelösten Problemen. Schichte sie nicht so hoch auf, dass sie wie ein unerklimmbares Gebirge erscheinen." Nun ist es das Wesen der schlechten Laune, dass sie unbeeindruckt bleibt von solchen Tricks. Also kommt der zweite Punkt: "Schau näher hin. Viel näher. Wenn man sich schwach fühlt und die Straße kehren will, dann ist es besser vor den Füßen zu fegen, als an den Dreck der ganzen Stadt zu denken. Das kannst du machen, wenn du ungefähr weißt, wie es geht."
Man möchte den Mond anbellen und auf einem Sandhaufen schlittschuhfahren! Ungefähr so fühlt es sich an, den Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums…
Was ist eigentlich die Negation der AfD und ihres Drumherum? Oder anders gefragt, sind diese Menschenhasser eine Antwort auf irgendwas Schlimmes, wie viele behaupten? Sind sie die Folge von Missständen? Von Ungerechtigkeit? Von ökonomisch bedingten Ängsten? Oder von zu vielen Flüchtlingen?