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Rechte Parteien Kommunalwahlen: Trotz Einbußen – NPD verfeinert ihr lokales Netz

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Bei der sächsischen Gemeinderatswahl vor fünf Jahren hatte die NPD lediglich 26 Mandate erobert. Damals bekam sie landesweit 0,5 Prozent der Stimmen, war aber auch nur mit 71 Bewerbern in 16 Orten angetreten. Drei Monate später gelang der NPD erstmals der Einzug in den Landtag mit damals 9,2 Prozent Stimmenanteil. Bei der Wahl am Sonntag traten mehr als 300 NPD-Kandidaten in etwa 100 Orten an – rund ein Fünftel ihrer Mitglieder.  Als Wahlziel hatte die Partei, die selbst von einer so hohen Wahlpräsenz in einem Bundesland wie „seit Jahrzehnten nicht mehr“ sprach, „über 100 neue kommunale Mandate“ ausgegeben, 70 davon konnte sie erreichen, im Landesdurchschnitt 2,3 Prozent. Damit gelang es den GRÜNEN in Sachsen endlich wieder, deutlich mehr Stimmen als die NPD zu erzielen, sie kamen auf 5,2 Prozent. Hier eine Detailübersicht.

Zweistellige Stimmenanteile verzeichnete die NPD am Sonntag wieder  in ihren Hochburgen Reinhardtsdorf-Schöna mit 22,0 Prozent (2004: 25,2 Prozent) und Sebnitz mit 13,1 Prozent (2004: 13,2 Prozent) in der Sächsischen Schweiz, die damit eine Hochburg des Neonazismus  bleibt – trotz gewachsenem Bürgerwiderstand in der Region. Dies hatte im Wahlkampf zu Spannungen geführt. In Pirna waren Behälter mit roter Farbe gegen die Fenster des SPD-Bürgerbüros geschleudert worden, in denen mit Plakaten für den multikulturellen „Markt der Kulturen“ geworben wurde. Einige Straßen weiter schleuderten die vermutlich rechten Täter rote Farbe an den Hauseingang zum Bürgerbüro der „Linken“. Schwarze Farbe wurde dagegen wenige Meter entfernt an das Kulturbüro Sachsen geschmiert.

In den drei kreisfreien Städten Sachsens, in denen die NPD vor fünf Jahren als Partei noch nicht angetreten war, erreichte die NPD nun mit Stimmanteilen von 3,7 Prozent (Dresden), 2,9 Prozent (Leipzig) und 2,4 Prozent (Chemnitz) zusammen fünf Mandate. Die Wahlbeteiligung in Sachsen lag mit 47,4 Prozent laut Zwischenstand bei der Auszählung geringfügig höher als 2004. Damals waren 46,1 Prozent der wahlberechtigten Sachsen wählen gegangen.

3,2 Prozent in MVP

In Mecklenburg-Vorpommern erzielte die NPD 3,2 Prozent der Stimmen, deutlich mehr als bei der letzten Kommunalwahl (0,8 Prozent), aber auch weit weniger als bei der Landtagswahl 2007 (7,0 Prozent). Eine Hochburg blieb der Kreis Uecker-Randow mit 9,2 Prozent, Ostvorpommern mit 7,2 Prozent  und der Kreis Ludwigslust mit 4,5 Prozent. Allerdings kam es hier sogar auch zu schmerzhaften Einbußen für die rechtsextreme Partei. Bei der Gemeindewahl in Ludwigslust verlor die NPD 0,9 Prozent und sackte auf 2,3. Zwei Tage vor der Wahl hatte es im Rathaus von Ludwigslust noch eine Diskussionsveranstaltung der Amadeu Antonio Stiftung über die Kommunalpolitik der NPD gegeben. Offensichtlich wirkungsvoll.

In Ueckermünde wiederum gelang es der NPD, die SPD zu überholen. Sie erzielte 12,1 Prozent, die SPD 11,8. In Lübtheen erhielt Marianne Pastörs, die Ehefrau des Schweriner NPD-Fraktionsvorsitzenden, Udo Pastörs, 300 Stimmen und zog damit in den Gemeinderat ein. Auch in Anklam und Rostock ist die NPD zukünftig mit zwei Abgeordneten im Stadtrat vertreten, in Anklam erzielte sie 7,9, in Rostock 3 Prozent. Über vier Prozent und damit weitere Mandate holte die NPD in Bad Doberan, Sternberg, Wittenburg, Wolgast, Friedland, Eggesin, Ferndinandshof, Pasewalk und Heringsdorf. Was auffällt: Offenbar gibt es mittlerweile einen festen Stammwählersockel für die NPD. So galt das mecklenburgische Bargischow im Wahljahr 2006 mit einem Stimmenanteil von knapp 32 Prozent als NPD-Wählerhochburg. Jetzt holte die NPD dort noch 21,4 Prozent der Stimmen. Ähnlich in Postlow in Ostvorpommern: Hier hatte die NPD 2006 ihr deutschlandweites Rekordergebnis von 38 Prozent eingefahren, bei der aktuellen Kommunalwahl kam sie noch auf rund 17 Prozent. Mehr Detailergebnisse bei NDR-Info.

Wahlergebnis Ueckermünde

Wahlergebnis Ueckermünde

NDR-Wahlgrafik Ueckermünde

Generell haben bei den Kommunalwahlen in sieben Bundesländern  vor allem kleinere Parteien Erfolge verbuchen können. In den Landeshauptstädten von Baden- Württemberg und Rheinland-Pfalz erzielten die Grünen Prognosen zufolge deutlich über 20 Prozent der Stimmen. In Stuttgart könnten sie künftig sogar stärkste Kraft im Gemeinderat sein. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bleiben die Kommunen und Städte nahezu NPD-frei – im pfälzischen  Trier schafften die Braunen allerdings mit einem Sitz den Einzug ins Stadtparlament.

Sitz in Magdeburg und Halle

In Sachsen-Anhalt dauerte die Auszählung länger. Dort standen in der Nacht erst Teilergebnisse fest., bei denen die NPD in der Regel kaum mehr als 2 Prozent erzielte. In der Landeshaupstadt Magdeburg und in Halle reichte dies allerdings für jeweils einen Stadtratssitz. Das Bündnis gegen Rechts in Magdeburg zeigte sich erleichtert über das vergleichsweise schlechte Abschneiden der NPD. „Aufgrund der fehlenden 5-Prozent-Hürde war von einem Einzug der rechtsextremen NPD in den Magdeburger Stadtrat auszugehen,“ so Thomas Weber. „Ihr selbst gestecktes Ziel, die Bildung einer Fraktion mit mindestens drei Mitgliedern, hat die Partei aber deutlich verfehlt. Somit misslingt der erhoffte Zugriff auf materielle Ressourcen in Form einer Fraktionsgeschäftsstelle.“

Erstmals NPD-Kreistagssitze in Thüringen

In Thüringen kandidierte die NPD nicht überall, aber da, wo sie Kandidaten aufstellte, nicht unerfolgreich. So erreichte sie im Kyffhäuserkreis auf Anhieb 4 und im Landkreis  Sonneberg 4,1 Prozent und damit jeweils 2 Kreistagsmandate. In Eisenach erhielt sie 5,2 Prozent und damit ebenfalls 2 Mandate im Stadtrat. Im Eichsfeld gelang ihr ein Propagandacoup: Dort zieht der mehrfach vorbestrafte Neonaziführer Thorsen Heise in den Kreistag ein. Auch in folgenden Orten sind laut NPD in Zukunft Rechtsextreme in Kreistagen bzw. Stadträten vertreten:

Gotha 3,5% (2 Sitze)
Wartburgkreis 4,8% (2 Sitze)
Nordhausen 3,3% (2 Sitze)
Gera 3,4% (2 Sitze)
Greiz 3,9 (2 Sitze)
Eichsfeld 3,4 (2 Sitze)
Weimar 3,2 (1 Sitz)

Uwe Schubert von der Mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus „Mobit e.V.“ kommentierte: „Das Ergebnis dieser Kommunalwahl sollte differenziert betrachtet werden. Über 20 Mandate in verschiedenen Thüringer Städten sind besorgniserregend. Der erhoffte landesweite Durchbruch ist der Thüringer NPD aber verwehrt geblieben. Dies ist auch ein Erfolg der vielen Menschen aus der Thüringer Zivilgesellschaft, die sich in den letzten Wochen gegen Rechtsextremismus engagiert haben.“ Um eine Prognose für die Landtagswahl abzugeben, sei es aber noch zu früh: „Abzuwarten bleibt, ob die Rechtsextremen von der wirtschaftlichen Krise des Landes profitieren können.“

Ergebnisse in Völklingen

Ergebnisse in Völklingen

Durchbruch im Saarland: NPD-Wahlergebnis in Völklingen

Im Saarland 4,4 Prozent in Völklingen

Stolz meldet die NPD auch zwei Ergebnisse aus dem Saarland. In Völklingen konnte sie 4,57 Prozent erringen und ist dort zukünftig ebenfalls mit zwei kommunalen Abgeordneten präsent. Im Völklinger Stadtteil Fenne erzielte sie sogar 6,25 Prozent. In Saarbrücken reichten 1,9 Prozent für einen Sitz. Diese Ergebnisse sind insofern bemerkenswert, da die NPD im Saarland nur über ein Mitgliedernetz von 160 Personen verfügt.

Wahlkabine

Wahlkabine

Bei der Europawahl schnitten Rechtsaußenparteien in Deutschland generell erfreulich schlecht ab. Protestwähler wechselten entweder zur FDP oder der Grünen oder zu anderen kleinen Parteien bis hin zur ‚Piratenpartei‘, oder blieben in noch größerer Zahl der Wahlurne gänzlich fern. Die DVU kam nur auf rund 111.000 Stimmen, was 0,4 Prozent Wähleranteil entspricht. Die Republikaner kamen auf 1,3 im Gegensatz zu 1,9 Prozent bei der  letzten Europawahl, verloren also 0,6 Prozent. In der Bundeshauptstadt Berlin wählten  bei der Europawahl am Sonntag nur 1,5 Prozent der Wähler rechtsextreme Parteien. Die Republikaner erhielten in der Hauptstadt nach einer Hochrechnung vom Sonntagabend 0,9 Prozent, die DVU 0,6 Prozent. In Neukölln und Marzahn-Hellersdorf war mit je 1,3 Prozent die Zustimmung für die Republikaner am größten, ebenfalls in Marzahn-Hellersdorf sowie in Lichtenberg erzielte mit jeweils 1,1 Prozent die DVU ihre besten Ergebnisse. Die NPD war in Absprache mit der DVU zur Europawahl nicht angetreten, sondern will erst zur Bundestagswahl Ende September flächendeckend in Deutschland kandidieren. Ihrem Ziel, sich zuvor lokal zu verankern, ist sie mit ihren neuen Mandatsträgern bei den Kommunalwahlen wieder ein Stück näher gekommen.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

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