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Rechtsextreme Strukturen In Bernburg ist das Fass schon länger voll

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Demonstration in Bernburg mit Transparent:

Der Zug von Menschen, der sich aus der Bernburger Oberstadt über die Saalebrücke zum Markt schlängelte, er war lang, bunt und ausgesprochen jung. Das Ausmaß der Beteiligung der BürgerInnen hatte selbst das örtliche Bündnis für Demokratie überrascht. Etwa 500 Menschen hoffte man zu mobilisieren und entsprechend viele Buttons mit einem weggeworfenen Hakenkreuz vor der Silhouette des Bernburger Schlosses hatte eine Jugendwerkstatt produziert. Sie sollten nicht für alle Bürger*innen reichen.

In den Zug, der bis vor das von der JN genutzte Gebäude am Bernburger Marktplatz lief, reihten sich DemokratInnen unterschiedlichster Couleur ein; ihre Bandbreite reichte von KommunalpolitikerInnen bis hin zu Antifas und alternativen Jugendlichen: Gegenseitige Tuchfühlung und das Erfahren unterschiedlicher Protestkulturen eingeschlossen. Überhaupt prägten viele junge Menschen das Bild des Zuges. Ob am Fronttransparent, mit eigenen Plakaten oder bei den Redebeiträgen, überall meldeten sich SchülerInnen zu Wort und reklamierten für ihre Stadt eine konsequente Opposition gegen rechtes Gedankengut.

Den gemeinsamen Nenner bildete die Ablehnung der seit Oktober in Bernburg befindlichen Bundesgeschäftsstelle der Jungen Nationaldemokraten (JN), der politisch aggressiv agierenden Jugendorganisation der NPD. Seit der Wahl des Sachsen-Anhalters Michael Schäfer zum Bundesvorsitzenden der JN im Herbst 2007 (2007 bis 2012) hat die Organisation ihren Sitz nach Bernburg verlegt. Schon seit mehr als einem Jahr betreibt im selben Gebäude ein in der Region agierender Neonazi einen rechten Szeneladen. Im Gebäude fanden und finden immer wieder über die Region ausstrahlende Treffen und Schulungsveranstaltungen von Nazis statt. Und auch jenseits der organisierten rechten Parteistrukturen sind Nazis in Bernburg aktiv. Vor wenigen Tagen erst verurteilte das Magdeburger Landgericht in einem Berufungsverfahren drei rechte Gewalttäter zu mehrjährigen Haftstrafen, weil sie nicht-rechte Jugendliche im Herbst 2006 mit Stahlketten und Pfefferspray angegriffen und zum Teil schwer verletzt hatten.

Eimerkette in Bernburg

Eimerkette in Bernburg

Bündnis seit Anfang 2007

Getragen durch das Anfang 2007 gegründete Bernburger Bündnis für Demokratie und Toleranz, gegen Rechtsextremismus und Gewalt, besinnt sich die städtische Bürgerschaft seit Herbst 2007 neu auf die Stärken demokratischer Auseinandersetzung mit Neonazis. Mehr als 100 Einwohner*innen der Stadt sind Mitglied im Bündnis. In langen Abendrunden informierten sie sich, diskutierten über einen langfristigen und demokratischen Umgang mit der ungewollten Nachbarschaft und entschieden schließlich, den Nazis im Stadtzentrum offensiv und friedlich entgegenzutreten.

Kreativ brachten die Bernburger Bürger*innen zum Ende ihres Demonstrationszuges am Dienstagnachmittag ein auf dem Markt stehendes großes Fass mit schlammig-braunem Saalewasser zum Überlaufen. Eimerweise wanderte das Nass in einer langen Menschenkette vom Ufer des Flusses bis vor die JN-Geschäftsstelle und machte sinnbildlich: „Bernburg hat von Nazis genug. Das Fass ist voll!“

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

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