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Wehrhafte Demokratie Bleiben Sie mutig!

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Im sächsischen Schneeberg rotten sich in diesen Tagen immer wieder Rechtsextreme zusammen, um gegen die Unterbringung von Flüchtlingen im Ort zu hetzen. Sie verbreiten nicht nur ihre rassistische Hetze, sondern bekommen auch Zuspruch von angeblich besorgten Einwohnerinnen und Einwohnern aus der Mitte der Gesellschaft. Diese Zustände sind in Sachsen kein Einzelfall: In Hoyerswerda engagierten sich zwei junge Leute gegen die Rechtsextremen vor Ort und wurden daraufhin von ihnen angegriffen. Statt die Betroffenen zu unterstützen, empfahl die örtliche Polizei ihnen, an einen geheimen Ort umzuziehen. Diese Ereignisse zeigen, dass unermüdliches Engagement gegen menschenverachtende Gruppierungen und solidarische Unterstützung von Betroffenen nach wie vor dringend von Nöten sind.

Um den mutigen Einsatz für Demokratie und gegen Rechtsextremismus zu würdigen, hat die Amadeu Antonio Stiftung am vergangenen Donnerstag in diesem Jahr zum siebten Mal den Sächsischen Förderpreis für Demokratie an zehn Initiativen aus Sachsen verliehen. Die Preisverleihung fand in der neuen Synagoge in Dresden statt, die für sich schon auf den historisch-politischen Kontext der Veranstaltung verweist. Gedenk- und Erinnerungskultur müssen in Sachsen eng mit einer Auseinandersetzung über Antisemitismus und Rassismus verbunden bleiben, so lange diese Diskriminierungsformen gesellschaftlich wirksam sind.

„Mut den wir alle alle brauchen“ – Die Laudatio von Andreas Petzold

„Nicht zu weichen, sondern zu stehen. Nicht zu schweigen, sondern laut zu schreien“, appellierte auch Andreas Petzold, der Herausgeber des Magazins stern, in seiner Laudatio an die geladenen Gäste und die sächsische Bevölkerung. Sein Respekt galt den zehn mutigen Initiativen, die sich in Sachsen engagieren und die an diesem Abend besonders ausgezeichnet wurden. „Mut den wir alle alle brauchen“ wie er dem Publikum gegenüber betonte.

Die beiden mit jeweils 5.000 Euro dotierten Hauptpreise erhielten das Soziokulturelle Zentrum Alte Brauerei aus Annaberg-Buchholz und die AG Asylsuchende Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. In Annaberg kommt es immer wieder zu rechten Übergriffen auf Flüchtlinge und unangepasste Menschen. Doch das Soziokulturelle Zentrum Alte Brauerei stellt sich schon seit Jahren mit einem breit angelegten Programm an Jugendbildung und kulturellen Veranstaltungen gegen die Aktivitäten der Freien Kameradschaften und Jungen Nationaldemokraten, die gerade auch in der Subkultur beispielsweise durch Rechtsrock-Konzerte versuchen, auf Jugendliche Einfluss zu nehmen.

Die Hauptpreisträger

Die AG Asylsuchende Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, die sich ehrenamtlich für eine dezentrale, menschenwürdige Unterbringung und Behandlung von Flüchtlingen in der Region engagiert, erhielt den zweiten Hauptpreis. Sie ist ein Zusammenschluss aus von Vereinen, Initiativen und Einzelpersonen, der mit einer Fahrradwerkstatt, Deutschkursen und Sammelaktionen für Winterkleidung Flüchtlinge unterstützt. Zu den großen Erfolgen der Initiative zählt, dass sie seit vergangenem Jahr 150 Asylsuchende dezentral in der Region unterbringen konnte.

Um das vielfältige und zahlreiche Engagement in Sachsen angemessen zu würdigen, erhielten weitere acht der Initiativen einen Anerkennungspreis in Höhe von 1000 Euro. Die Abschiebungshaftkontaktgruppe Dresden und die Projektstelle „Hilfe für Menschen in Abschiebungshaft“ beim Sächsischen Flüchtlingsrat erhielten den Preis für die Betreuung und Beratung, mit der sie Menschen in Abschiebehaft aus ihrer Isolation holen. Die Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Sachsen wurde für ihr Projekt „Mut vor Ort – geschlechterreflektierende Präventionsarbeit gegen Neonazis“ gewürdigt, der Verein Arbeit und Leben Sachsen für ein Programm, dass interkulturelles Lernen in Kindertagesstätten unterstützt. Für ihr unermüdliches Engagement gegen die NPD und andere Rechtsextreme in ihrer Stadt, erhielt die Initiative für ein weltoffenes Geithain einen weiteren Anerkennungspreis. An der Grenze zwischen Tschechien und Deutschland inszeniert das Projekttheater Zittau genreübergreifende Theaterproduktionen mit Roma, Tschechen und Deutschen. Mit ihrer Arbeit will die Gruppe auf die fortwährenden Diskriminierungen von Roma und Sinti in der Region aufmerksam machen und wurde dafür ebenfalls mit dem Anerkennungspreis ausgezeichnet. Der Sächsische Flüchtlingsrat und das Kulturbüro Sachsen haben sich mit der Organisation der Initiativen-Konferenz „Asyl in Sachsen“ um den Anerkennungspreis verdient gemacht, mit der sie zur solidarischen Stärkung und weitreichenden Vernetzung von Flüchtlingsgruppen beigetragen haben.

Der Förderpreis ermutigt und unterstützt

In diesem Jahr wurde der Sächsische Förderpreis für Demokratie bereits zum siebten Mal verliehen. Insgesamt gingen 54 Bewerbungen ein, aus denen eine prominent besetzte Jury die zehn Hauptnominierten auswählte. Ausgelobt wird der Sächsische Förderpreis für Demokratie von der Amadeu Antonio Stiftung, der Freudenberg Stiftung und der Sebastian Cobler Stiftung. Neuer Kooperationspartner in diesem Jahr war die Stiftung Elemente der Begeisterung, eine Stiftung, die 2008 von Studierenden gegründet wurde und sich besonders für die Förderung jugendlichen Engagements und interkultureller Verständigung einsetzt. Der Sächsische Förderpreis für Demokratie entstand aus der Beobachtung heraus, dass Neonazis seit Jahren versuchen, ihre Kräfte in Sachsen zu bündeln und ein zunehmend antidemokratisches Klima zu schaffen. Mittlerweile haben sich zum Teil rechtsextreme Strukturen etabliert, die es immer mühsamer machen, sich für die Werte der Demokratie, Weltoffenheit und die Anerkennung der Menschenrechte einzusetzen. Doch die Gesellschaft reagiert: In Sachsen gibt es zahlreiche Initiativen, die bereits fachlich fundierte Erfahrungen im Umgang mit Rechtsextremismus besitzen. Sie sollen mit dem Förderpreis ermutigt und unterstützt werden.

In diesem Sinne forderte auch der Modertor der Preisverleihung Bastian Wierzioch in seinem Schlusswort das Publikum auf: „Bleiben Sie mutig!“.

Zoé Sona

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

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