
„Wollten sie Linke töten?“, titelte das Investigativ-Team „STRG_F“ auf dem Thumbnail ihres Beitrags zur Gruppe im Juni 2023. Die Vermutung ist nicht weit hergeholt. Mehrfach sollen Mitglieder in Tschechien an Schießtrainings teilgenommen haben. Zu tödlicher Gewalt kam es letztendlich nie. Dennoch stellte „Knockout 51“ für zivilgesellschaftliche Akteure in der thüringischen Kleinstadt über Jahre hinweg eine existenzielle Bedrohung dar.
Das Ziel war eindeutig: Die überwiegend jungen Rechtsextremen hatten es sich zur Aufgabe gemacht, in Eisenach einen „Nazi-Kiez“ zu etablieren. So wurden über Jahre hinweg politische Gegner*innen bedroht und eingeschüchtert. Immer wieder kam es dadurch zu gewaltsamen Übergriffen, mehrfach wurden sogar Todesdrohungen vor Wohnungen gesprüht.
Noch im Jahr 2023 begann dann der Prozess gegen vier Kernmitglieder der Gruppe. Ende des Jahres folgte der Prozess gegen Kevin N. Die Generalbundesanwaltschaft wirft ihm vor, neue Mitglieder für die Gruppe angeworben und geschult zu haben. Er leitete „Kiezstreifen“ und sicherte für die Vereinigung Veranstaltungen im „Flieder Volkshaus“ in Eisenach ab. „Zudem war er in Propaganda-Aktivitäten von ‚Knockout 51‘ involviert“, heißt es in einer Mitteilung vom vergangenen September.
Vernetzung zur AfD
Investigative Recherchen des Mitteldeutschen Rundfunks haben nun ergeben, dass Kevin N. Kontakte zum Erfurter AfD-Fraktionsmitglied Alexander Töpfer gepflegt haben soll. Konkret geht es dabei auch um die gemeinsame Nutzung eines Kellerraums. Brisant: Im Raum soll sich laut den Recherchen neben zahlreichen AfD und JA-Materialien auch eine Flagge der Rechtsextremen Identitären Bewegung (IB) befunden haben.
N. werden schon lange von antifaschistischen Recherchegruppen Kontakte zum regionalen IB-Ableger, der Gruppe „Kontrakultur Erfurt“, nachgesagt. Auch der MDR konnte die Information mit seinen neuesten Recherchen scheinbar bestätigen. Töpfer dementierte die Vorwürfe gegenüber dem Sender und gab an, er kenne Kevin N. „lediglich privat als Bewohner des Mehrfamilienhauses, in dem er wohne.“ Kontakte zur IB habe er darüber hinaus angeblich keine.
Im Unterschied zu seinen privaten Kontakten in die neurechte Szene macht Alexander Töpfer aus seinen Sympathien für die Identitäre Bewegung kein Geheimnis. Auf Social Media posierte er erst kürzlich mit einem Buch Martin Sellners, dem Kopf der IB in Österreich. Auch Kevin N. soll wiederholt im Kontakt zu Sellner gestanden haben. Aus Abhörprotokollen des BKA geht hervor, dass 2021 Treffen stattgefunden haben sollen. Dabei ging es mutmaßlich um den Aufbau der damals noch neuen Erfurter IB-Struktur.
„Das freundliche Gesicht des NS“
Verbindungen zu nazistischem Gedankengut gibt es in der AfD reichlich. Eines der radikalsten Beispiele ist der Dortmunder Abgeordnete Matthias Helferich. In internen Chats bezeichnete sich dieser einst als „das freundliche Gesicht des NS“, Ende Mai veröffentlichte der „Spiegel“ Mail Verläufe, in denen Helferich rassentheoretische Narrative verbreitet und Witze über brennende Asylunterkünfte gemacht haben soll.
Wegen solcher Aussagen und seinen Kontakten zur Dortmunder Rechten läuft derzeit auf Landesebene immer noch ein Parteiausschlussverfahren gegen Helferich. NRW-Landeschef Martin Vincentz versucht schon seit über einem Jahr den Bundestagsabgeordneten aus der AfD-Nordrhein-Westfalen auszuschließen. Ein Ende des Verfahrens ist derzeit noch nicht in Sicht.
Innerhalb der Partei nehmen die „gemäßigten“ Flügel derzeit kaum einen nennenswerten Platz ein. Die Parteispitze tendiert noch radikaler nach rechts – einen größeren internen Disput wird es somit aufgrund dieser Verbindungen zur neonazistischen Rechten derzeit also ohnehin nicht geben – egal ob in Erfurt oder Dortmund.