Weiter zum Inhalt

13. Prozesstag Brandanschlag in Solingen – Hausdurchsuchung

Am 13. Prozesstag stand die Durchsuchung des Wohnhauses des Angeklagten im Vordergrund: War die Wohnung, in der „Mein Kampf“ und Bücher über Adolf Hitler gefunden wurden, wirklich unbewohnt? Welche weiteren Beweise konnten der Wohnung entnommen werden? Und wie verlief die Durchsuchung?

 
Ein rechtsextremer Täter zündet in Solingen (NRW) ein Wohnhaus an, in dem vor allem migrantische Menschen leben. Ein dreijähriges Kind, ein Säugling sowie ihre Eltern kommen bei dem Anschlag ums Leben. (Quelle: Adalet Solingen)

Die Prozessberichterstattung stammt von Adalet Solingen und wurde dort zuerst veröffentlicht.

Zur Klärung dieser Punkte wurde der für die beim Täter durchgeführte Hausdurchsuchung des Zeitraums vom 8. bis 9. April 2024 zuständige Beamte des KK11 (Tötungs-, Brand- und Waffendelikte) befragt. Dabei wurde deutlich, dass der im letzten Prozesstag erfragte Untersuchungsbericht knapp ein Jahr später auf Erinnerungsbasis nachträglich von seiner Kollegin angefertigt werden musste, da der zuständige Beamte ihn nach der Hausdurchsuchung lediglich „gedanklich erledigt“ hatte.

Im Wohnhaus des Angeklagten befand sich im zweiten Obergeschoss eine separate Wohnung, die jedoch nicht über eine eigene Eingangstür verfügte und die vom Beamten als altmodisch und verlassen beschrieben wurde. In der dortigen Küche befanden sich neben „Mein Kampf“ von Adolf Hitler, NSDAP-Materialien und ein Buch über Hermann Göring und dessen Ehefrau. Im Unterschied zu den restlichen Bildern der Wohnung fertigte der vorgeladene Beamte diese mit seinem Handy an und schickte sie dem Staatsschutz, der den Fotomaterialien mit dem NS-Bezug keine strafrechtliche Relevanz zuschrieb – unter anderem auch, weil die Wohnung dem Vater zugeschrieben wurde. Dies beruht auf einer Aussage der Freundin des Angeklagten, die ohne weiteres Hinterfragen von Seiten des Staatsschutzes übernommen wurde.

„Die Wohnung wirkte so, als dort durchaus fünf Jahre niemand gewohnt haben könnte“, rechtfertigte sich der befragte Beamte. Jedoch besaß der angeklagte Daniel S. einen Schlüssel zu der Wohnung, in der auch ein Kalender aus dem Jahre 2024 und ein frisch bezogenes Bett vorgefunden wurden. Auf Nachfrage des Richters, ob dort der Bruder des Angeklagten genächtigt haben könnte, gab der befragte Beamte an, dass er dies nicht ausschließen, aber auch nicht bestätigen könne.

Die Nachfragen der Nebenklagevertreterin Başay-Yıldız ergaben, dass der Beamte weder weiß, wie die Wohnung bezahlt wird, noch, wer der Vermieter dieser ist. Hierzu wurden auch keine Untersuchungen betrieben. Ebenso wenig wurden an der Zigarettenbox DNA-Spuren gesichert – der Beamte zog keinerlei Verbindung zwischen den Tabakdosen in der Wohnung, den gleichen Marken im Keller (die dort mit Brandbeschleunigern und explosivem Material befüllt waren) und den am Tatort aufgefundenen Dosen – obwohl der Brandsatz aus einer solchen gebaut wurde. Auf Nachfrage eines weiteren Nebenklageanwalts räumte er jedoch ein, dass ein Zusammenhang naheliegend erscheine.

Es bleibt offen, welche Auswirkungen die neu erlangten Informationen über die unzureichende Untersuchung für den weiteren Prozess haben werden.

Belltower.News macht gemeinnützigen Journalismus, denn wir klären auf und machen das Wissen von Expert*innen zu Antisemitismus, Rassismus und
Rechtsextremismus und allen anderen Themen der Amadeu Antonio Stiftung für alle zugänglich.
Unsere Reportagen, Recherchen und Hintergründe sind immer frei verfügbar und verschwinden nie hinter einer Paywall. Dafür brauchen wir aber auch deine Hilfe.
Bitte unterstütze unseren Journalismus, du hilfst damit der digitalen Zivilgesellschaft!

Weiterlesen

solingen Bild

12. Prozesstag Brandanschlag in Solingen – NS-Propagandamaterial

Brisante Funde im Fokus: NS-Propagandamaterial, das bei einer Hausdurchsuchung entdeckt, aber nicht den Ermittlungsakten beigefügt wurde.

Von
Brandstiftung in Solingen: Trauerzug zu ausgebranntem Wohnhaus

Solingen Tödlicher Brandanschlag von 2024 doch rechtsextrem motiviert?

Im vergangenen Jahr tötete ein 39-Jähriger eine vierköpfige Familie bei einem Brandanschlag in Solingen. Laut Ermittler*innen sei die Tat unpolitisch. Doch der Täter besaß rechtsextremes NS-Propaganda-Material und zündelte am selben Haus bereits am 9. November 2022. Wie unpolitisch kann diese Tat sein?

Von
479380282

Solingen Immer wieder falsche Instrumente

Statt Islamismus sinnvoll zu bekämpfen, überschlägt sich die Politik mit platten Forderungen. Ein Kommentar.

Von

Schlagen Sie Wissenswertes in unserem Lexikon nach.