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2.500 Flüchtlingsfreund_innen stoppen 700 „Heimgegner_innen“ in Berlin

Die schlechte Nachricht: In Berlin kamen rund 700 Nazis und „besorgte Anwohner_innen“ zusammen, um gegen ein geplantes Containerdorf für Flüchtlinge auf die Straße zu gehen. Die gute Nachricht: Rund 2.500 Gegendemonstrant_innen blockierten ihre Wege und sorgten dafür, dass die „Heimgegner_innen“ nur eine sehr viel kürzere Route laufen konnten, als geplant: Nämlich direkt zur S-Bahn (und Abfahrt) statt weiträumig durch Marzahn und Hellersdorf. Die beunruhigende Nachricht: Es hätten noch weit mehr Rassist_innen sein können. Viele Anwohner_innen standen auf der Straße und Protesten auf Nachfrage tatsächlich positiv gegenüber, trauten sich aber offenbar durch Polizeiaufgebot und Gegendemonstrant_innen nicht, sich anzuschließen. Immerhin. Hier die Fotos vom Tage.

 
Gegen die hat Berlin erfolgreich demonstriert: "Sympathische" Kämpfer für die Meinungsfreiheit auf der Demonstration in Berlin-Marzahn. (Quelle: ngn / sr)

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Als bemerkenswert von dieser Demonstration bleibt:

– Das Rassismus-Potenzial gegen Flüchtlinge unter den Anwohner_innen in Marzahn ist weiter als hoch einzuschätzen. Diverse – echte – Anwohner_innen standen vor ihren Häusern und fanden den mit diversen aggressiven Berliner Neonazis ausgestatteten Rasstist_innen-Zug weit weniger abstoßend, als man vermuten würde. Gerade den Sozialneid-Argumentationen („Das Geld könnte man auch für Kinder / Arme etc.“) verwenden, treffen, egal, wie abstrus sie sind, auf Zustimmung, ebenso wie das Schüren von Ängsten bezüglich Kriminalität und Gewalt.

– Die zynischste Argumentation kam von einer Gruppe Menschen, die sich explizit per Plakat als „Anwohner“ bezeichneten: Sie fanden den Schutz von Bäumen, die für das geplante Containerdorf in Marzahn gefällt werden sollen, wichtiger als den Schutz von geflüchteten Menschen.

– Die „bundesweite“ Mobilisierung, die die rechten Organisatoren im Vorfeld angekündigt hatten, blieb aus – die „Zugereisten“ waren Berliner Neonazis, unter anderem Berlin NPD-Chef Sebastian Schmidtke und Uwe Dreisch von „Die Rechte“ (und Ex-„Frontbann 24“-Kameradschaft).

– Die Motto-Änderung der Organisatioren – von „Gegen Asylmissbrauch“ zu „Gemeinsam sind wir stark“, dem „Hooligans gegen Salafisten“-Motto, schlug sich in der Demonstration nicht in Sprechchören oder Plakaten nieder. Sehr beliebt allerdings – auf der Berliner Demo wie auf anderen Rassist_innen-Demonstrationen – weiterhin zu Skandieren: „Wir sind das Volk.“ Die Berliner Demonstrationsteilnehmer_innen konnten die Contenance aber nicht über die gesamte Veranstaltungszeit halten. Auch „Auf die Fresse“-Chöre zu den Gegendemonstant_innen waren beliebt, ebenso wie „Wir wolln keine – Asylantenheime“.

– Die weitestgehende Blockierung der „Gegen Asylmissbrauch“-Demonstration – statt 8 Kilometern durch die Stadt konnten die Rassist_innen nur ein paar hundert Meter zum nächsten S-Bahnhof laufen – ist ein gutes und wichtiges Signal. Allerdings ruft die rechtsextreme „Bürgerbewegung Marzahn“ heute abend bereits wieder zur „Montagsdemonstration“ auf. Die Zivilgesellschaft muss weiter wachsam sein.

Mehr im Internet:

| Berlin: „Wir sind das Volk“ wird blockiert (Endstation rechts)

| Und da waren es nur noch 150 Demonstranten (ZEIT online)

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