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Debatte Sonderbehandlung oder Wir dürfen das, wir sind Deutsche

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel hat Israel auf eine Stufe mit Autokratien gestellt und damit willentlich das besondere Verhältnis zwischen Deutschland und Israel gestört. Der Schaden ist enorm – die Resonanz in Deutschland ist verstörend. 

 
Alan Posener im Dezember 2016 in der TV-Sendung "Hart, aber fair". (Quelle: Wikipedia / Superbass / CC BY-SA 4.0)

Der „Spiegel“ brachte es auf den Punkt: im täglichen Newsletter „Die Lage“ konnte ich lesen: Das Eklat um Sigmar Gabriels Israelreise „zeigt vor allem eines: Die historisch bedingte Sonderbehandlung Israels stößt mit der Regierung Netanyahu an ihre Grenzen.“ Wie deutsche Redakteure das Wort „Sonderbehandlung“ und „Israel“ zusammenbringen können, ohne innerlich zu erschrecken, ist mir ein Rätsel. Nein, es ist kein Rätsel. In Deutschland glauben alle, keine Antisemiten zu sein, weil sie erstens nicht gleich nach dem Zyklon B rufen, wenn sie einen Juden sehen, und zweitens angeblich in der Schule den Holocaust bis zur Vergasung – sorry, bis zum Abwinken – durchgenommen hätten. Trotzdem wissen sie nicht, was Sonderbehandlung bedeutet.

Und diese Unempfindlichkeit bei schrecklich gutem Gewissen, einem so guten Gewissen, das man glaubt, die Juden nun auch noch Mores lehren zu müssen, das ist das Gesicht des arischen Antisemitismus heute. (Der Antisemitismus vieler türkischer und arabischer Mitbürger sieht ein wenig anders aus, ist nicht besser, aber auch nicht schlimmer, wie manche rechte Gutmenschen – „indem ich mich der Muslime erwehre, kämpfe ich für die Juden“, so in etwa die Ex-Frontfrau der AfD, Frauke Petry – uns einreden wollen.)

Dabei hätte Israel nichts lieber als das: nicht mehr von den Deutschen „sonderbehandelt“ zu werden, das heißt mit zusammengebissenen Zähnen „aus historischen Gründen“ unterstützt, sondern – wie von den USA oder Großbritannien – als das behandelt zu werden, was es aktuell  ist: ein Bollwerk des Westens, ein Leuchtturm des Kapitalismus und eine Insel der Demokratie in einer Region, die – nein, ihr AfD-Rassisten, nicht wegen des Islam – chronisch instabil, wirtschaftlich unterentwickelt und für Diktaturen anfällig ist.

Der Ton macht die Musik. So verteidigte Innenminister Thomas de Maizière Gabriels Auftritt mit den Worten: „Das war eine kleine Machtprobe und der Außenminister hat Nerven bewahrt. Und so gehört sich das für einen deutschen Außenminister“. Jawollja. Wir sind seit langem wieder wer, ein 80-Millionen-Volk, und wir lassen uns nicht von der Regierung eines winzigen Landes irgendwo hinter der Türkei, wo die Völker aufeinanderschlagen, sagen, was wir in ihrem Land zu tun und zu lassen haben. Wo kämen wir da hin?

Regierungssprecher Stefan Seibert erklärte im Namen Angela Merkels: „Wir sind der Meinung, dass es möglich sein muss, in einem demokratischen Land auch kritische Nichtregierungsorganisationen zu treffen, ohne dass das solche Folgen hat.“  Auch bei Reisen der Kanzlerin stünden regelmäßig Treffen mit Vertretern der Zivilgesellschaft auf dem Programm.

Ach ja? Wie war das, als Merkel neulich bei Donald Trump war? Hat sie sich mit Vertretern von „Black Lives Matter“ getroffen? Mit Vertretern der 11 Millionen illegalen Einwanderer? Mit Gegnern der Todesstrafe? Mit Leuten, die gegen die Spionagepraktiken der NSA kämpfen? Mit Gegnern neuer Öl-Pipelines? Natürlich nicht, und das wird sie auch nicht tun. Die USA sind ein mächtiger Staat, ohne den wir uns nicht verteidigen könnten, außerdem ein riesiger Markt, es flogen wichtige Wirtschaftsführer mit, und man wollte und wird keinen Ärger machen.

Da ist Israel was Anderes. Das Land hat kein Öl, es ist ein kleiner Markt, und es ist auf deutsche Militärlieferungen angewiesen. Für den Jungen, der auf dem Spielplatz vor den Großen kuscht, aber auf die Kleinen eindrischt, gibt es ein Wort. Es passt auf das Verhalten dieser Bundesregierung.

 

Zuerst veröffentlicht auf www.starke-meinungen.de am 27.04.2017. Mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Lesen Sie auch: Sigmar Gabriel hat als Diplomat versagt – Welt.de

 

Das Foto wurde  auf Wikipedia veröffentlicht unter der Lizenz CC BY-SA 4.0

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