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Demokratieförderung Berliner Abgeordnetenhaus rettet Demokratieprojekte aus „Demokratie leben!“

Durch die Umstrukturierung des Bundesförderprogramms „Demokratie leben!“ bangen viele zivilgesellschaftliche Demokratieprojekte um ihre Finanzierung. Das Berliner Abgeordnetenhaus hat als Reaktion darauf das Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus um ca. 2,3 Millionen Euro aufgestockt und einige ehemalige „Demokratie leben!“-Projekte darin aufgenommen.

 
20.02.2020, Berlin: Die Parlamentarier des Berliner Abgeordnetenhauses. (Quelle: picture alliance/Gregor Fischer/dpa)

Betrachte man Meinungsumfragen zur Zufriedenheit mit der Demokratie, stehe Berlins Zivilgesellschaft als eine der demokratischsten des Bundesgebiets da. Trotzdem nehme gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und die Gewalt, die daraus resultiert, zu, so der Berliner Justizsenator Dirk Behrendt (Bündnis 90/Die Grünen) auf einer Pressekonferenz der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung am 2. Februar. Die Umstrukturierung des Bundesförderprogramms „Demokratie leben!“ sorgt unterdessen für eine Gefährdung wichtiger Projekte der Demokratieförderung und Betroffenenhilfe. Dem versucht das Berliner Abgeordnetenhaus nun mit einer Ausweitung des Landesprogramms gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus um etwa 2,3 Millionen Euro entgegenzuwirken.

Die Förderung von 9 Projekten, darunter „Civic.net“ und die „Praxisstelle Jugendarbeit gegen Antisemitismus“ der Amadeu Antonio Stiftung, wird mit etwa 900.000 Euro komplett übernommen. Die verbleibenden etwa 1,4 Millionen Euro werden laut Eren Ünsal, Leiterin der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung, zur Co-Finanzierung weiterer ehemaliger „Demokratie leben!“-Projekte verwendet.

Das Wegfallen des Förderschwerpunkts „Stärkung des Engagements im Netz – gegen Hass im Netz“ im Rahmen des Bundesförderprogramms ist angesichts des Diskursklimas in den sozialen Medien besonders ernüchternd. Zwischen 2015 und 2019 wurden in diesem Bereich fast 40 Projekte gefördert. Justizsenator Behrendt bezeichnet am Montag Teile des derzeitigen Online-Diskurses als „Kloake des Hasses“. Timo Reinfrank, Geschäftsführer der der Amadeu Antonio Stiftung, unterstrich am Montag in Berlin die Notwendigkeit, die demokratische Zivilgesellschaft und marginalisierte Personen auch im Netz weiter zu fördern: „Das Einleben & Fördern von Zivilcourage im digitalen Raum ist dringend geboten. Die Mehrheitsgesellschaft muss sensibilisiert, betroffene Gruppen gestärkt werden“. Die Übernahme der Finanzierung des Projekts „Civic.net” durch das Förderprogramm des Landes Berlin ermöglicht weitere Arbeit in genau diesen Bereichen.

Auch andere ehemalige „Demokratie leben!“-Projekte wie „KiDs – Kinder vor Diskriminierung schützen!“ profitieren von dieser Arbeit. Wie die Co-Leiterin des Projekts, Nuran Yiğit, erinnert, sah sich das Organisationsteam nach einer Publikation mit dem Thema der vorurteilsbewussten Faschingsfeier im Jahr 2016 in den sozialen Medien einem massiven Shitstorm ausgesetzt. Hier habe die enge Zusammenarbeit mit der Amadeu Antonio Stiftung und „Civic.net“ beim Umgang mit Hass-Kommentaren und ähnlichem geholfen und zu weiterem Engagement in den sozialen Medien ermutigt.

Auch „KiDs“ zählt zu den neun Projekten, deren finanzielle Förderung vom Land Berlin komplett übernommen wurde. Hier wird Beratung für Kinder bis zwölf Jahre, die von Diskriminierung betroffen sind, angeboten. Außerdem gehört die Beratung von Eltern betroffener Kinder und die Beratung pädagogischer Fachkräfte zu den Aufgabenbereichen des Projekts.

Natürlich kann über den Haushalt des Landes Berlin nur ein Teil der bislang auf Bundesebene geförderten Projekte aufgefangen werden. Angesichts der wachsenden Bedrohungslage durch menschenfeindliche Ideologien und Agitation wären daher neue Regelungen zu begrüßen, die die Arbeit demokratiefördernder Projekte langfristig sichern. Forderungen nach einem Demokratiefördergesetz auf Bundesebene finden bislang allerdings nicht ausreichend Gehör. Die Anschläge in Hanau und Halle machen deutlich, dass erweiterte Sicherheitskonzepte einen bedeutsamen Teil rechtsextremer und rassistischer Gewalttaten nicht verhindern können. Die Förderung zivilgesellschaftlichen Engagements gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit muss daher politisch weiter in den Vordergrund rücken, um größere Teile der Gesellschaft zu erreichen und so im Engagement gegen demokratiefeindliche Ideologien zu bestärken. Dass sich das Abgeordnetenhaus für einen Ausbau des Landesprogramms gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus entschieden hat, ist ein wichtiger Akt des Gegensteuerns. Der Kampf um Mittel zur Förderung von Demokratieprojekten geht jedoch weiter.

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