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Schleswig-Holstein 2010 Rechtsextreme zwischen Rockerszene und „FPÖisierung“

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Heute antwortet das Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus in Schleswig-Holstein.

Was waren die wichtigsten Ereignisse in Schleswig Holstein im Jahr 2010, bezogen auf Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus?

Wie jedes Jahr hat die rechtsextreme Szene in Schleswig Holstein auch 2010 zu einem „Trauermarsch“ zum so genannten Bombenterror in Lübeck mobilisiert. Durch das breite Bündnis ?Wir können sie stoppen? und mit rund 250 Teilnehmern wurde das Ereignis eher als Reinfall gewertet. Um sich für das nächste Jahr besser vorzubereiten, hat es bereits Ende November eine Auftaktveranstaltung gegeben, bei der Thomas ?Steiner? Wulff und Jörn Lemke Reden hielten.

Der jährliche Aufmarsch der schleswig-holsteinischen Neonazis zum Gedenken an Rudolf Hess wurde in diesem Jahr als Gedenkveranstaltung zum Todestag für den ?Preußenkönig? Friedrich des Großen getarnt. Während dieses Ereignis im letzten Jahr mit einem Fackelzug in Kellinghusen relativ spontan und ohne große Gegendemonstration durchgeführt werden konnte, wurde in diesem Jahr die Veranstaltung wegen starker Gegenproteste und eines betrunkenen Demonstrationsanmelders abgesagt.

Trotzdem sind die so genannten Aktionsgruppen der Freien Kameradschaften in Schleswig-Holstein weiterhin aktiv. Immer wieder kam es zu Übergriffen meist auf Einzelpersonen und alternative Projekte. Zu dem seit 14 Jahren existierenden Club 88 in Neumünster hat sich die Kneipe ?Titanic? als weiterer Szenetreff etabliert. Genau dort zeigt sich das bundesweite Phänomen von Neonazis in Rockergruppen. Der ehemalige NPD Landesvorsitzende und Mitbegründer der Aktionsgruppe Kiel Peter Borchert hat ein eigenes Chapter bei den Bandidos gegründet, zu dem auch noch weitere ehemalige Neonazis gehören. Allerdings hat sich der führende Kopf der Aktionsgruppe Kiel auf seiner Internetseite eindeutig von den Bandidos distanziert.

Die zwei NPD-Kommunalpolitiker in Kiel und im Landkreis Herzogtum Lauenburg arbeiten eng mit den jeweiligen Freien Kräften zusammen. Die NPD in Schleswig Holstein bewegt sich wegen ihrer schlechten Ergebnisse bei den letzten Wahlen weitgehend jenseits der öffentlichen Wahrnehmung. Ein Blick auf die Homepage des Landesverbandes und der sechs Kreisverbände aber zeigt, dass wichtige kommunale Themen aufgegriffen werden. Mit neuem Layout präsentieren sie sich als Partei der „sozialen Kümmerer“, die nicht nur gegen den HSH-Bankenskandal wettert, sondern auch die aktuelle Politik der Landesregierung vehement kritisiert.
Seit dem Sommer gibt es auch einen Internetauftritt der Jungen Nationaldemokraten in Kiel. Wie sehr diese Jugendorganisation der NPD
Zulauf findet, wird sich im Verlauf des nächsten Jahres zeigen.

In diesem Jahr hat das seit Dezember 2009 in Martensrade herausgegebene rechte Nachrichtenmagazin „Zuerst!“ für einiges Aufsehen gesorgt. Der rechtsextreme Verleger Dietmar Munier stellte für das Magazin, nicht nur Günther Deschner als Chefredakteur ein, sondern auch den neuen NPD-Landesvorsitzenden Jens Lütke. Ob das Nachrichtenmagazin mit einer Auflage von 68.000 Exemplaren und laut eigenen Angaben eine Alternative zum Spiegel oder Focus eine neue Qualität der Agitation bedeutet, wird sich zeigen. Deutlich ist die Taktik, dass die Themen des Magazins eindeutig aus dem rechtsextremen Diskurs kommen, aber sich mit einer modernen und ansprechenden Verpackung auch an eine rechtspopulistische Leserschaft wenden. Experten sprechen von dem Versuch einer „FPÖisierung“ des Rechtsextremismus.

Mehr im Internet:

| Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus in Schleswig-Holstein

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