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Kommentar Gesinnungs-Check für die NPD

In Sachsen-Anhalt steht die Landtagswahl (März 2011) vor der Tür und die NPD hat Chancen für einen Einzug in das Parlament*. Doch unabhängig von den Wahlen gibt es in dem Bundesland große Probleme mit Neonazis. Die Kampagne „Kein Ort für Neonazis“ engagiert sich vielfältig gegen das menschenverachtende Weltbild und die neonazistische Gewalt.

 
Anetta Kahane ist Vorsitzende des Vorstands der Amadeu Antonio Stiftung (bis Ende März 2022); Foto: MUT

Vielleicht sind wir wirklich zu sehr auf die NPD fixiert. Nehmen wir an, ihr gelingt es, in den Landtag von Sachsen-Anhalt einzuziehen. Die Umfragewerte gehen von 5 Prozent aus; bei jungen Wählern ist es ein Drittel, das NPD wählen will. Sagen wir, sie schaffen es, trotz aller Pannen, Mauscheleien und Flügelkämpfen: Was dann? Es wird die anderen Parteien ärgern, es wird sie veranlassen, sich von den Nazis inhaltlich deutlich abzusetzen. Man wird sie als Konkurrenz ernst nehmen, man wird sich mit der NPD beschäftigen, ganz gleich, welche Koalition am Ende regieren wird. Davon gehe ich aus. Das aber scheint mir, nicht die richtige Perspektive zu sein. Denn es geht nicht um die NPD, sondern um das rechtsextreme Potenzial in der Bevölkerung. Wenn also Politik und Medien nur auf die Nazi-Partei starren, übersehen sie das Wesentliche: das Klima in Sachsen-Anhalt, in dem trotz wirtschaftlichen Wachstums, eine aggressive Abwehr gegen Einwanderer, Alternative und andere Minderheiten herrscht, egal ob die NPD ein halbes Prozent mehr oder weniger Stimmen bekommt. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was ich dem Land zur bevorstehenden Wahl wünschen möchte, denn fehlt das halbe Prozent für die NPD, wird wieder erleichtert Entwarnung gegeben, die in keinem Verhältnis zu den realen Zuständen steht.

Stehen Neonazis auf dem Boden des Grundgesetzes?

Doch andererseits wollen wir mit aller Kraft verhindern, dass die NPD als verfassungsfeindliche Partei mit ihrem Einzug in den Landtag in den Genuss von staatlichen Mitteln kommt, die jeder Fraktion zustehen. Das hieße ja, mit Steuergeldern die Feinde der Verfassung zu fördern! Das zu verhindern, ist ganz in unserem Sinn. Wie wär’s wenn wir die Kandidaten der NPD also bitten würden, die Klausel der Bundesregierung zu unterschreiben, nach der sich die NPD verpflichtet auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (fdGO) zu stehen? Und gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, dass es all ihre Partner, wie beispielsweise die Freien Kräfte, Kameradschaften etc. ebenso tun? Ich finde, wenn Demokratieprojekte das unterschreiben sollen, wieso nicht auch die NPD? Auch sie sollte Dossiers anlegen über mögliche Abweichler, über Agents provocateurs des Verfassungsschutzes, die es gar zu arg treiben oder Kameraden, die meinen, den Kapitalismus abschaffen zu müssen. Auf diese Weise erhielten die staatlichen Behörden gleich einen tieferen Einblick in die Netzwerke der Nazis, die sich vom konservativen Extremismus bis hin zum nationalen Antiimperialismus erstrecken. Also von lechts bis rings innerhalb der Nazibewegung.

Nun, wir wissen, das geht eigentlich nicht. Wegen der Meinungsfreiheit und weil Volksvertreter und solche, die es werden wollen, durchaus gegen die fdGO sein dürfen. Sie dürfen sogar dagegen demonstrieren, wie gerade erst in Dresden und der Staat muss mit ihrer Polizei – auch aus Steuergeldern bezahlt – sicherstellen, dass sie es können. Dieses Jahr ist es wieder nicht richtig gelungen, die Nazis wurden von ihren Gegnern blockiert, obwohl sich die Polizei so große Mühe gegeben hatte, ihnen mit Wasserwerfern und Gasgeschossen den Weg zu bahnen.

„Kein Ort für Neonazis“

Die Amadeu Antonio Stiftung ist bei all dem präsent durch ihre Kampagne „Kein Ort für Neonazis“. Dabei legt sie darauf Wert, eben nicht die NPD in den Mittelpunkt zu stellen, sondern die Neonazis an jedem einzeln Ort: an Schulen, genauso wie in kleinen Dörfern, aus denen sich die demokratischen Parteien schon zurückgezogen haben, in Jugendeinrichtungen wie bei Veranstaltungen, in Nachbarschaften wie auf Markplätzen. Überall kann man das Plakat hinhängen: Hier nicht, Leute! Nicht mit uns. Egal ob NPD oder „nur“ Rassist oder Antisemit, das wollen wir hier nicht haben!

Wir meinen es wirklich ernst. Selbst wenn wir dafür mit so verdächtigen Organisationen wie der Arbeiterwohlfahrt, der evangelischen Kirche, den Gewerkschaften oder dem Zentralrat der Juden zusammenarbeiten müssen. Das schwöre ich auf die freiheitliche demokratische Grundordnung und Karl Theodor zu Guttenberg.

*Die NPD erzielte bei der Wahl 4,6 Prozent und verfehlte damit den Einzug in das Landesparlament.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

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