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Mit Naivität gegen Nazis? „Die Arier“ in der Filmkritik

In ihrer neuesten Dokumentation „Die Arier“ konfrontiert Mo Asumang Rassist*innen mit scheinbar arglosen Fragen und provoziert Neonazis durch ihre schiere Anwesenheit. Ergebnis des ganzen, so die Produktionsfirma, sei „eine abenteuerliche Tour in die Abgründe rechter Bewegungen“. Tatsächlich aber verkennt der Film die gesamtgesellschaftliche Dimension von Rassismus. Am 29. April ist der Film um 22 Uhr auf Arte zu sehen, am 05. Mai um 23.55 Uhr im ZDF.

 
Szene aus "Die Arier": Mo Asumang trifft ein Ku-Klux-Klan-Mitglied (Quelle: ZDF/Yoliswa von Dallwitz)

„Arisch“ bedeutet groß, blond, blauäugig. So haben es die Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten in ihrer Rassenideologie festgelegt und so wird die Bezeichnung bis heute verstanden. Die Regisseurin Mo Asumang geht in ihrem Film den Ursprüngen des Arier-Begriffs nach und widmet sich dem Thema Rassismus. Dabei geht sie von ihren persönlichen Erfahrungen als Schwarze Deutsche und den Biografien ihrer Großeltern, die im Nationalsozialismus für die SS tätig waren, aus. Auf ihrer filmischen Suche trifft sie die unterschiedlichsten Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner: Historiker, Besucher von Neonazi-Demonstrationen, führende US-amerikanische Rassisten, ein Mitglied des Ku-Klux-Klans, einen Aussteiger aus der rechtsextremen Szene, die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano, Passantinnen und Passanten auf der Straße, Burschenschafter, einen deutschen Nazi-Esoteriker und schlussendlich „echte“ Arierinnen und Arier im Iran.

 

Gleich zu Anfang des Films wird die Haltung deutlich, mit der Mo Asumang sich dem Thema nähert: „Vielleicht kann ich Rassismus besser verstehen, wenn ich mit den Rassisten und Rassistinnen spreche“, sagt sie. In einem Interview mit dem ZDF ergänzt sie: „Die Konfrontation mit meiner Person, ihrem Feindbild, verunsichert die Rassisten. […] Ich gebe den Neonazis die Chance, sich zu äußern, dann offenbaren sie selbst ihren Wahnsinn.“ Mit betonter Naivität tritt Asumang Besucherinnen und Besuchern von Neonazidemos, dem führenden Kopf des US-amerikanischen „White Aryan Resistance“ Tom Metzger und anderen Rassistinnen und Rassisten entgegen. Diese Haltung ist problematisch, denn die erhoffte „Selbstentlarvung“ der Neonazis gelingt kaum. Es wird ihnen im Gegenteil eine Bühne geboten, auf der sie ihre menschenverachtende Ideologie unkommentiert ausbreiten können. Im direkten Gespräch mit Menschen wie Tom Metzger gibt Asumang keine Widerworte – denn eine Diskussion mit überzeugten Rassisten und Rassistinnen, die ein geschlossenes Weltbild vertreten, ist unmöglich. Auch die rassistische Äußerung eines Ku-Klux-Klan-Mitglieds, Schwarze würden in der US-amerikanischen Gesellschaft bevorzugt, wird im Film nicht kommentiert. Die Hoffnung, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer die Neonazis als Verrückte erkennen und sie deshalb nicht ernst nehmen, geht nicht auf. Den Teilnehmenden einer Neonazis-Demo gelingt es beispielsweise, sich als überlegen zu inszenieren, indem sie Asumangs absichtlich naive und emotionale Fragen einfach ignorieren und sie letztlich zur Seite drängen.

Auch eine Neonazi-Demo gehört zu den Stationen von Mo Asumangs filmischer Spurensuche (Foto: ZDF/Susanna Salonen)

Ein skurriler Teil im Film ist Asumangs Reise in den Iran, wo sie „echte“ Arierinnen und Arier trifft. Im Laufe ihrer Recherche kommt die Regisseurin zu der Erkenntnis, dass der Begriff „Arier“ im Nationalsozialismus falsch verwendet wurde und in seiner eigentlichen Bedeutung mit Germanen überhaupt nichts zu tun hat. Ursprünglich ist er die Selbstbezeichnung einer Bevölkerungsgruppe im Iran. Es stellt sich die Frage, was diese im Film präsentierte Erkenntnis nun gegen Rassismus und Rechtsextremismus ausrichte soll. Denn die Ideologie der Ungleichwertigkeit von Menschen und die Schaffung angeblicher „Rassen“ bestehen weiterhin, ob die Bezeichnung „Arier“ nun missbräuchlich verwendet wird oder nicht.

Im Film erscheint Rassismus als Problem einer kleinen, in sich geschlossenen organisierten Neonazi-Szene. Dass rassistische Einstellungen in der Gesellschaft weit verbreitet sind, wird nicht thematisiert. Der Film vermittelt den Eindruck, dass den Neonazis Liebe fehlt, dass sie verirrte und schwache Gestalten sind, um die man sich kümmern und die man liebhaben muss. Dieser Ansatz verharmlost, dass sie tatsächlich eine menschenverachtende Ideologie vertreten und danach handeln. In diesem Sinne gilt es, die Haltung der Auschwitzüberlebenden Bejarano zu beherzigen, die nicht nachvollziehen kann, warum sich Mo Asumang mit zahlreichen Rassistinnen und Rassisten trifft: „Ich möchte gegen die Neonazis kämpfen, aber ich möchte mit ihnen persönlich nichts zu tun haben“.

Ausstrahlungstermine von „Die Arier“:

Dienstag, 29. April, 22.10 Uhr, ARTEMontga, 5. Mai, 23.55 Uhr, ZDF

Mehr Informationen:

Offizielle Website zum Film

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