Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

Braune Strukturen Lichter aus an der Spree

Von|
Fundstücke bei den Brandenburger Neonazis, Foto: © Danny Frank

Am Dienstagmorgen war es endlich soweit: Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) ließ das Verbot der so genannten „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ vollstrecken. Zeitgleich durchsuchten rund 260 Polizisten knapp 30 Wohnungen, Garagen und Gewerberäume von Neonazis  und stellten Beweise sicher. Betroffen waren überwiegend die Landkreise Spree-Neiße, Elbe-Elster, Cottbus und Teltow-Fläming.

Die Aktivitäten der „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“, auch unter dem Namen „Spreelichter“ bekannt, richteten sich „gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung“, heißt es in der Verbotsverfügung. Innenminister Woidke sprach von einem „massiven Schlag gegen die rechte Szene in Südbrandenburg“.

Von wegen „unsterblich“

Den „Spreelichtern“ wird vor allem die sogenannte „Volkstod“-Kampagne der „Unsterblichen“ zugerechnet. Diese relativ junge Aktionsform, bei der überwiegend jugendliche Neonazis zu spontanen Demonstrationen zusammenkommen, verbindet die klassische Ideologie des Nationalsozialismus mit subkulturellen, modernen Einflüssen. Die „Unsterblichen“ tragen bei ihren nächtlichen Aufzügen weiße Masken und Fackeln, filmen das Ganze und stellen die professionell geschnittenen Videos ins Internet. „Die Demokraten bringen uns den Volkstod“ heißt der wiederkehrende Slogan bei diesen Aufmärschen. Die jungen Rechtsextremen beklagen die angebliche Vernichtung des deutschen Volkes und rufen andere Jugendliche zum Mitmachen auf: „Damit die Nachwelt nicht vergisst, dass du Deutscher gewesen bist“. Der Verfassungsschutz widmet sich im Bericht für 2011 auch den „Spreelichtern“. Deren pathetische Inszenierungen werden als „Kostümfaschismus“  bezeichnet, die Wirkung jedoch nicht unterschätzt. Was im Süden Brandenburgs begann, hat mittlerweile Nachahmer im gesamten Bundesgebiet gefunden.


Utensilien der Unsterblichen“, Foto: © Danny Frank

Anstieg rechter Gewalt

Brandenburger Neonazis setzen in den vergangenen Jahren verstärkt auf Gewalt zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele. Der Brandenburger Verein „Opferperspektive“* zählte 2011 allein in Cottbus zehn Angriffe von Neonazis. „Allein in diesem Frühjahr gab es zwei Anschläge auf das Redaktionsgebäude der Lausitzer Rundschau, nachdem diese über Neonazistrukturen in der Region berichtet hatte“, erzählt die Opferberatungsstelle: „Im Mai wurden in Spremberg fünf jugendliche Punks von Rechten mit Schlagstöcken attackiert und verletzt.

Die Nachricht über die Razzien und das Verbot freut die Mitarbeiter*innen des Vereins, mit Sitz in Potsdam, natürlich. Und dennoch stellen sie fest: „Verbote von Vereinen oder Parteien sind nicht die Lösung für rechte Gewalt und Rassismus.“ Sie hoffen, dass sich die Situation für die Betroffenen rechter Gewalt im Süden Brandenburgs zukünftig entspannen wird: „Jetzt kommt es darauf an, dass das zivilgesellschaftliche Engagement in Brandenburg gestärkt wird, damit es ein geschlossenes Vorgehen aller gesellschaftlichen Akteure gegen Rechts gibt. Die Betroffenen rechter Gewalt und Rassismus benötigen weiterhin unsere Solidarität und Unterstützung.“

*„Opferperspektive e.V.“ wurde 1998 von antifaschistischen Aktivist*innen gegründet. Ziel war und ist es, dem Verharmlosen und Verschweigen von Rechtsextremismus die praktische Solidarität mit den Opfern entgegenzusetzten. Aus dieser Initiative entstand im Jahr 2000 die erste Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt in Deutschland. Für seine Pionierarbeit wurde der Verein im Jahr 2000 mit der Carl von Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte und 2003 mit dem Preis „Aktiv für Toleranz und Demokratie“ ausgezeichnet.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende! Schon 2 Euro helfen!

Lexikon: | | | | |
Bundesland:

Weiterlesen

screenshot wald2

Schweiz Die Eisenjugend von Winterthur – Rassekrieger allein im Wald

Eine rechtsextreme Gruppe im schweizerischen Winterthur verbreitet rassistische und antisemitischen Botschaften über Sticker und im Internet. Ihre Ideologie trieft vor NS-Verehrung und „White Supremacy“. Der Christchurch-Attentäter gilt als Held. Jetzt wurden bei einer Hausdurchsuchung Waffen sichergestellt.

Von|
808 aufmacher

Nach Risikospiel Neonaziangriff auf Demokratiezentrum in Wurzen

Trotz massiver Polizeipräsenz vor Ort wegen eines Risiko-Fußballspiels gegen „Roter Stern Leipzig“ konnten Neonazis am Sonntagabend ungehindert das „Netzwerk für demokratische Kultur e.V.“ angreifen. Seit einiger Zeit warnen Mitarbeiter*innen vor der Etablierung einer jungen und dynamischen freien Kameradschaft im Ort.  

Von|
Eine Plattform der