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Diskriminierung am Weihnachtstisch Wenn die stille Nacht in eine rassistische Debatte abrutscht

Über die Weihnachtstage werden wahrscheinlich viele von Ihnen Ihre Filterblasen verlassen, wenn die AfD-Tante oder der rassistische Opa an Heiligabend plötzlich über die „gescheiterte Asylpolitik“ und „kriminelle Ausländer“ doziert. Die von Rechtspopulist*innen und rechten Medien angefeuerte gesellschaftliche Spaltung reicht bis in die Familien hinein. So geht es an Weihnachten dann plötzlich nicht mehr um Mamas Festtagsbraten, sondern um den UN-Migrationspackt und „Überfremdung“.

 
Was tun, wenn Höckes Rassismus mit am Weihnachtstisch sitzt? (Quelle: dpa - Bildbearbeitung BTN)

Demokratische Werte und Freiheitsrechte verteidigen sich nicht von allein – das müssen wir übernehmen. Und zwar am einfachsten in unserem nahen Umfeld, denn hier haben wir den größten Einfluss auf unser Gegenüber. Wenn also die ja eigentlich ganz liebe Tante an Weihnachten mal wieder gegen den Islam hetzt, treten Sie ihr argumentativ entgegen – das geht zum Glück auch recht unkompliziert. Es geht damit los, klar zu benennen, dass rassistische, antisemitische, islamfeindliche, sexistische, homo- und transfeindliche  Statements nicht Ihre Zustimmung bekommen. Denn kein Widerspruch herabwürdigender Aussagen wird von den Äußernden quasi als Zustimmung interpretiert. Also machen Sie klar, dass Sie solche Aussagen falsch finden.

Im direkten Umfeld haben Sie den größten Wirkungseinfluss

Im Gegensatz zu Online-Diskussionen mit fremden Menschen haben Offline-Debatten im engen Bekanntenkreis oder eben mit der Familie das Potential zu fruchten. Das bedeutet, dass Sie in einer Diskussion mit der flüchtlingsfeindlichen Tante eine deutlich höhere Chance haben, sie von Ihren Argumenten zu überzeugen. Denn bei Menschen, die uns am Herzen liegen und zu denen wir eine persönliche Bindung haben, stehen die Chancen gut, mit ihnen tatsächlich in ein konstruktives Gespräch zu kommen. Auch wenn Ihre Tante bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegen den Islam hetzt, schätzen Sie sie vielleicht dennoch, weil Sie eben eine gemeinsame Geschichte verbindet. Ebenso wird es ihr gehen. Und das macht die rassistische Tante eben offen für Ihre Argumente. Eine gegenseitige Wertschätzung ist die Voraussetzung für eine fruchtbare Diskussion, bei der sich die Teilnehmenden auch Zuhören können.

Bleiben Sie bei jedem noch so rassistischen Argument der Person gegenüber freundlich und zugewandt, aber  klar und kompromisslos in der Sache. Vermeiden Sie eine zu konfrontative Argumentation, schließlich ist Weihnachten – und dann  würde ihre Tante nur sich in die Ecke zurückziehen und nicht mehr zuhören. Es, geht hier ja auch nicht ums Gewinnen oder Verlieren, sondern um das klare Statement, dass Rassismus und Diskriminierung keine Alternativen sind, die wir akzeptieren wollen.  

Strategien gegen eine rassistische Debatte unterm Weihnachtsbaum

Wecken Sie bei Ihrer Tante Empathie mit Ihrer Argumentation, das dürfte doch gerade zum Fest der Nächstenliebe recht einfach fallen. Weisen Sie Ihre Tante auf Verallgemeinerungen hin, wenn sie beispielsweise von „die ganzen Flüchtlinge“ und „alle Ausländer“ spricht. Fragen Sie Ihre Tante nach ihren Quellen und bieten Sie ihr Ergänzungen an. Sollte es beispielsweise um den heiß diskutierten UN-Migrationspackt gehen, fragen Sie doch einfach nach, was Ihre Tante wirklich darüber weiß? Was bereitet Ihr Sorge? Vielleicht hilft ja ein gemeinsamer Blick  beispielsweise auf die Zusammenfassung des „Faktenfinders“ der „Tagesschau“. Stellen sie mögliche Ungereimtheiten im Weltbild Ihrer Tante heraus.

Wenn die Tante sehr wütend oder emotional reagiert, kann das für eine persönliche Betroffenheit sprechen. Die Gründe für Abwertungen liegen häufig in den Biografien, in persönlicher Frustration oder in Ängsten, die Sie auf den ersten Blick möglicherweise gar nicht sehen. Vielleicht sagt die Tante am Weihnachtstisch etwas in der Art: „Der Staat gibt Millionen für Flüchtlinge aus, aber für Rentner, Kitas und Schulen, für uns Deutsche, ist nichts übrig.“ Vielleicht hat Ihre Tante ein junges Kind, das keinen Kitaplatz bekommt. Wenn beim Menschen der Selbsterhaltungstrieb einsetzt, sinkt meist die Empathie und die Aggression steigt, es kommt zu einem, „Wir oder sie!“ Man muss soziale Probleme wie Wohnungsnot, Armut oder Arbeitslosigkeit ernstnehmen. Erkennen Sie also die persönliche Betroffenheit  Ihrer Tante an, doch machen Sie ihr klar, das Geflüchtete nicht an ihrer finanziellen oder sozialen Lage Schuld sind – und es auch keine Lösung der persönlichen Schwierigkeiten darstellt, Rassismus zu verbreiten. Lenken Sie das Gespräch auf tatsächliche Ursachen für Kitaplatz-Mangel.

SOS Weihnachten: Argumente gegen Vorurteile

Obwohl viele der flüchtlingsfeindlichen, rassistischen und antisemitischen Argumente oftmals auf Vorurteilen, Fakenews oder gefühlten Wahrheiten beruhen, kommen wir mit unseren Gegenargumenten manchmal doch ins Schwimmen….

… und dann helfen die passenden Fakten. Hier kann der Facebook-Account „SOSWeihnachten“ (von 2016, also nicht ganz aktuell) helfen. Per Nachrichten-Bot bekommen Sie die passenden Gegenargumente und Fakten gegen die gängigen Vorurteile.

Und so funktioniert’s: Schreiben Sie dem Account SOSWeihnachten: Argumente gegen Vorurteile eine Nachricht oder eine Frage per Messenger. Danach bekommen Sie ein Hauptmenü angezeigt, in dem das jeweilige Diskussionsthema ausgewählt werden kann, zum Beispiel „Asylpolitik“. Der Bot gibt Ihnen dann automatisch zum jeweiligen Thema Fakten und gleichzeitig Gegenfragen für die Diskussion.

„Pro Menschenrechte. Contra Vorurteile.“

Weiterführende Fakten gegen Vorurteile speziell zu Geflüchteten bekommen Sie per Klick auf die folgenden 14 Bilder, auf denen mit Informationen und Fakten die verschiedenen Vorurteile entkräftet werden.

Hier finden Sie die gesamte Broschüre zum Download und bei der Amadeu Antonio Stiftung.

             

Aber am meisten wünschen wir Ihnen: friedliche Feiertage mit anregenden Gesprächen!

Mehr Argumentationshilfen finden Sie auf Belltower.News:

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