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Comic-Zeichner Nils Oskamp „Klare Kante gegen rechts“

Am Samstag eröffnet der Comic-Zeichner Nils Oskamp in der neurotitan gallery in Berlin-Mitte die Ausstellung zu seinem Titel „Drei Steine“, welcher in Kooperation mit der Amadeu Antonio Stiftung herausgegeben wurde. Die Ausstellung ist multimedial angelegt: neben zahlreichen von Oskamps Originalzeichnungen und Studien gibt es Fotos von Maria Zarada, die seine Vortragsreisen an Schulen begleitet hat. Außerdem gibt es an einer Medienstation Interviews mit der bekannten „Nazi-Jägerin“ Beate Klarsfeld, TV-Berichte über das Buch zu sehen, sowie Reden und Vorträge zu hören.

 
Poster "Willkommen im Teutschen Teich" an der Route der Neonazi-Demonstration in Wunsiedel (Quelle: Florian Meidl)

Im Buch „Drei Steine“ schildert Oskamp seine Geschichte vom Aufwachsen in Dortmund-Dorstfeld während der 1980er Jahre und seine Auseinandersetzungen mit den lokalen Neonazis, von denen viele später bedeutende Kader in der Szene werden sollten. In der Geschichte erzählt er vom Wegschauen von Lehrer*innen und Eltern, aber auch von Solidarität und Freundschaft. Oskamps Geschichte macht Mut zum Widerspruch gegen rechte Hetze und zum Einstehen für eine demokratische, offene Gesellschaft.

„Drei Steine“ on Tour

Dies ist bereits die zwölfte Ausstellung dieser Art. Von der Ausstellung in Berlin hofft er die Vernetzung und Auseinandersetzung mit dem Thema vor Ort anregen zu können: „Ich habe mehrere Berliner Schulen angeschrieben. Ich hoffe, dass einige Pädagog*innen kommen, damit wir hier in Berlin auch tätig werden können. Denn auch hier gibt es Probleme mit Neonazis und rechten Übergriffen, besonders in den Randbezirken.“

Ausstellung „Drei Steine“

Mit dem Comicsalon in Erlangen hatte die Serie im Jahr 2016 angefangen und sich seitdem anhaltender Beliebtheit erfreut. Wichtige andere Ausstellungsorte waren unter anderem die Steinwache, das ehemalige Gestapo-Hauptquartier in Dortmund, sowie die Wewelsburg, die während des Nationalsozialismus unter Einsatz von KZ-Häftlingen zur „SS-Burg“ umgebaut werden sollte.

Eine Überdosis Asterix

Nils Oskamp hatte früh eine enge Bindung zu Comics: „Bereits mit 9 Jahren wollte ich Comiczeichner werden – zu viel Asterix gelesen“, scherzt der Dortmunder. Aber die Beschäftigung mit dem Medium hat er ernsthaft verfolgt. Er studierte Trickfilm, war am deutsch-französischen Comic-Zeichner-Seminar in Erlangen, wo er die ersten Skizzen für sein Buch anfertigte, sowie 2007 als Gastkünstler im Atelier du Marquis in Angoulême. Auf die Frage nach dem Grund für sein Comic-Engagement, antwortet er dasselbe wie auf der Demonstration in Wunsiedel gegen den Aufmarsch der Neonazi-Kleinstpartei „Dritter Weg“: „Ich wollte Comiczeichner werden, weil Comics bunt und lustig sind, zwei Jahre später kam dann ein Neonazi in meine Klasse. Der hat den Holocaust geleugnet und ab da war‘s dann braun und nicht mehr lustig.“

Nicht nur mit Ausstellungen ist er im Land unterwegs, sondern auch mit Workshops. Dabei hat er verschiedene Workshop-Formate im Programm, in denen er gemeinsam mit Jugendlichen auch Grafiken und Plakate gegen Rechts erstellt und in Kooperation mit lokalen Druckereien druckt, damit die Jugendlichen diese dann mit nach Hause nehmen können.

Comics um die Jugend zu erreichen

Oskamp weiß daher um die Wichtigkeit von Comics und Videos als Medien für Jugendliche: „Neurechte Medien und Thinktanks versuchen die deutsche Sprache zu ihren Zwecken umzuformen und das setzt sich dann nachher in Gewalt um. Da muss man die Jugendlichen für sensibilisieren und ihnen Techniken an die Hand geben, um eigene Storys zu erzählen.“ Gerade jetzt, in Zeiten des Rechtsrucks und verrohender Sprache, sei es noch wichtiger als zuvor Jugendliche zu erreichen und aufzuklären über rechte Gewalt.

Nils Oskamp bei einem Vortrag an einer Schule

Bald soll eine erweiterte Version von „Drei Steine“ erscheinen. Diese soll einige Szenen enthalten, welche es aufgrund von Zeitdruck und aus anderen Gründen nicht in die erste Ausgabe geschafft haben. Er schildert zum Beispiel die Szene, wie er als Jugendlicher in seinem alten Baumhaus aus Kindertagen ein von Neonazis angelegtes Versteck mit Propagandmaterial mit Rudolf Hess-Konterfei entdeckt „Im Baumhaus, das ich selber gebaut hatte, haben die ihr Propagandamaterial gehortet. Das hab‘ ich dann verbrannt und ein paar Tage später wurde dann auf mich geschossen, mit einem Wehrmachtskarabiner.“

Neue Ausgabe in Planung

Mit der neuen Ausgabe will Oskamp auch über den deutschsprachigen Bereich hinaus publizieren. Beate Klarsfeld hat bereits versprochen ein Vorwort für die französische Ausgabe beizusteuern. Neben der aktuell laufenden Crowdfunding-Kampagne für die Finanzierung der Ausstellung, soll im Sommer eine weitere Kampagne zur Förderung der internationalen Ausgabe anlaufen. Neben der französischen sind außerdem eine niederländische, eine italienische und eine spanische Ausgabe geplant. Auch eine englische Ausgabe ist langfristig in Planung.

Beate Klarsfeld und Nils Oskamp

 

Fotos: © Maria Zarada

Update:

Es gibt noch zwei weitere Lesungen in Berlin:

  • Am Freitag, 22.02., 19:00 Uhr, im RigoRosa – Abgeordnetenbüro Anne Helm und Niklas Schrader, Schierker Straße 26, 12051 Berlin (Facebook-Event)
  • Am Mittwoch, 27.02., 18:30 Uhr, in der neurotitan shop & gallery, im Haus Schwarzenberg, Rosenthalerstraße 39, 10178 Berlin, gemeinsam mit Petra Pau (Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages) (Facebook-Event)

Ausstellung: 16.02. – 09.03.2019
Ort: neurotitan shop & gallery, im Haus Schwarzenberg, Rosenthalerstraße 39, 10178 Berlin
Eintritt frei

 

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