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FPÖ-Chef HC Strache und seine Jahre in militanten Neonazi-Kreisen

Heinz-Christian Strache ist seit 12 Jahren Chef der FPÖ. Der Rechtspopulist war als junger Mann im militanten Neonazi-Milieu aktiv und wurde in diesem Zusammenhang sogar zwei Mal festgenommen. Er könnte nach der Parlamentswahl am 15. Oktober als Vizekanzler in der österreichischen Regierung sitzen.

 
(Quelle: Titelbild: Flickr / WieEhNa / CC BY-NC-ND 2.0)

 

 

Heinz-Christian Strache (48) könnte nach der Wahl am 15. Oktober in Österreich der erste Politiker mit einer Vergangenheit im Neonazi-Milieu sein, der in Europa mitregiert. In jungen Jahren war er tief im militanten Neonazi-Milieu verwurzelt, wie unter anderem SZ-Recherchen zeigen. Umso erschreckender ist, dass weder Sebastian Kurz (ÖVP) noch Christian Kern (SPÖ) eine Koalition mit ihm ausschließen.

 

Strache und die Wiking-Jugend

1989 wird der 20-jährige Strache bei einem Fackelmarsch der rechtsextremen Wiking-Jugend in Fulda inhaftiert. Bis zum Verbot 1994, die älteste und größte rechtsextreme Jugendorganisation in der Bundesrepublik, die nach dem Vorbild der nationalsozialistischen Hitler-Jugend aufgebaut war und agierte.

 

Die SZ berichtet, dass Strache in Fulda auch eine Fackel trägt. Die rechtsextreme Gruppe grölt:  „Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt“ – die bis 1945 gebräuchliche erste Strophe der Nationalhymne, die auch Österreich zum Teil des “Reichs” erklärt. Strache erklärte später, es habe sich in Fulda lediglich um eine humanitäre Aktion gehandelt. Nach seiner Darstellung diente der Fackelzug lediglich dazu, den DDR-Bürgern „Brotkörbe“ über die Grenze zu reichen. Medien berichteten darüber, dass sich auf der anderen Seite der Grenze etwa 20 Gleichgesinnte einfanden. Bis heute hat sich Strache nicht von den Zielsetzungen der Wiking-Jugend distanziert.

 

Ein weiteres Mal wurde Strache 1990 in Passau bei einer Kundgebung der DVU (die später mit der NPD fusioniert) festgenommen. Er soll eine Schreckschusspistole dabei gehabt haben. Die rechtsextremen Teilnehmer_innen dieser Kundgebung sangen alle drei Strophen des Deutschlandlieds, außerdem war ein Schild zu sehen mit der Aufschrift: „Oberschlesien ist und bleibt deutsch.“

 

Strache und die Wehrsportübungen

Darüber hinaus nahm der heutige FPÖ-Chef mit anderen Neonazis an Wehrsportübungen teil, die vom Holocaust-Leugner und Chef der verbotenen VAPO (Volkstreue außerparlamentarische Opposition) Gottfried Küssel angeführt wird – dieser sitzt heute wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung eine Haftstrafe ab. Die ausschließlich männlichen Teilnehmer lernten, wie man sich bei einem Verhör verhält, erhielten Schlagstocktraining und ideologische Schulungen und mussten exerzieren. Es soll auch scharf geschossen worden sein.

 

Strache und die Burschenschaft

Doch schon einige Jahre früher begann Straches Weg in das völkische Milieu. Mit 17 Jahren lernt der Wiener die deutschnationale Burschenschaft „Vandalia“ kennen. Er vermittelt Neulingen ideologische Inhalte, fungiert als Fechtwart und schlägt Mensuren – rituelle Zweikämpfe. Bilder von 2013 (die der SZ vorliegen) zeigen, dass im Inneren der Burschenschaft eine Reichskriegsflagge aus dem deutschen Kaiserreich hängt. Über die völkischen Burschenschafter kommt Strache In Kontakt mit dem bekannten Rechtsextremen Norbert Burger, mit dessen Tochter Gudrun er einige Jahre liiert war.

 

Burschenschaften dienen in der FPÖ als stille Seilschaften. Zwar verloren sie unter Jörg Haider an Einfluss, mit Strache wächst ihre Macht allerdings wieder. Auch Norbert Hofer, der es bei der Präsidentenwahl im vorigen Jahr in die Stichwahl schaffte, ist Burschenschafter.

 

Wie reagieren die anderen Parteien?

Thematisch treibt Strache die österreichischen Regierungsparteien schon seit langem vor sich her. Die Politiker_innen der Großen Koalition haben bereits 2016 eine Flüchtlings-Obergrenze beschlossen. Außenminister Kurz verlangt die lückenlose Sicherung der EU-Außengrenzen und Sammellager für Geflüchtete aus dem Mittelmeer und Abschiebungen nach Afrika. Und die Sozialdemokraten wollen einen Job-Bonus zahlen, wenn ein Inländer eingestellt wird. Offenbar meinen die Politiker_innen: wer in Österreich im Jahr 2017 politischen Erfolg haben will, muss am Eskalations-Wettbewerb nach rechts unbedingt teilnehmen.

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Titelbild: Flickr / WieEhNa / CC BY-NC-ND 2.0

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