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Hass im Internet aktuell (3) – Hass-Karten und Übergriffe

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Die rechtsextreme Partei "Der III. Weg" hat die Karte, die angeblich Standorte von Flüchtlingsunterkünften anzeigt, immer noch auf ihrer Website eingebunden - doch wer kommt schon dort hin? Zumindest von Plattformen, wo viele sie problemlos finden könnten, ist sie verschwunden. (Quelle: Screenshot)

Macht das überhaupt irgendeinen Sinn, so eine Karte über Flüchtlingsheime zu löschen, wo die doch eh wieder hochgeladen wird?       

Natürlich. So funktioniert Demokratie: Einer macht etwas (etwa eine Karte „Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft“ anlegen und hochladen).  Andere finden das übel und beschweren sich: Denn sie vermuten, die Intention des Erstellers ist keine positive oder sachliche ist, worauf Wortwahl im Titel und bisherige Einbindung auf rechtsextremen Seiten schließen lassen. Das Unternehmen, das die Technik zur Verfügung stellt, hört sich die Beschwerden an – und je mehr es sind, desto dringlicher wird das Problem. Schließlich entscheidet sich das Unternehmen – hier Google – dieser Hetze keinen Platz auf ihren Seiten zu geben. Das ist als Statement und Signal wichtig, welches Handeln in diesem Fall Google bei User_innen unterstützen möchte und welches nicht. Deshalb ist es auch nicht so wichtig, ob die Daten auch anderswo zugängig sind oder die Karte wieder hochgeladen werden kann: Das Signal ist wichtig. Aktueller Stand übrigens: Die Karte ist bei Google offline – die rechtsextreme Partei „Der III. Weg“ hat die Karte nun bei einem in Frankreich beheimateten Kartendienst verlinkt. Sie ist also immer noch online. Aber: Nicht bei Google, der größtmöglichen Kommunikationsplattform. Und das ist gut. Denn natürlich können wir Hassrede nicht aus dem Internet entfernen: Sie ist in den Köpfen und so ist sie auch im Internet. Aber: Wir können sie in Räume zurückdrängen, wo sie möglichst wenig Aufmerksamkeit erhält.

Fakt aber auch: Natürlich ist Löschung keine Lösung des Problems, denn das besteht ja im Kopf dahinter. Es kann aber Teil der Lösung sein.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem vielen Hass im Netz und den Übergriffen auf Flüchtlingsheime?

2013 begannen die NPD-unterstützen „Nein zum Heim“-Kampagnenseiten in Sozialen Netzwerken (siehe auch Teil 1, Text zu „Rechtsextremen Bürgerinitiativen„). Seit Jahren ist zu beobachten, dass die rechtsextreme Szene das Internet sehr strategisch nutzt, gerade auch, um nicht nur untereinander zu hetzen, sondern auch, um ihre Inhalte in öffentliche Foren zu tragen, um sie populärer und sagbarer zu machen. Dies ist beim Thema Hetze gegen Flüchtlinge gut zu beobachten, vor allem in Kommentarspalten und auf Facebook-Seiten bundesweiter und lokaler Medien. Dabei wird gezielt mit Hetze und Fehlinformationen gearbeitet, die von NPD-Seiten, rechtsextremen und rechtspopulistischen Medien und Internet-Gruppen stammen und die verbreitet werden in der Hoffnung, dass die Mitdiskutierenden die Quelle nicht hinterfragen oder das scheinbar „Erlebte“ ernst nehmen (denn oft werden die „Informationen“ als eigene Erfahrung verkauft, vgl. Müll-Fundstück). Oft reagierten dann auch Mitdiskutierende und auch Community Manager zunächst verunsichert und zurückhaltend, die Hetze erhielt als scheinbare „Sorge“ recht viel Platz. Von 2012 auf 2013 verdoppelten sich die Übergriffe auf Flüchtlingsheime von 24 auf 58, von 2013 auf 2014 verdreifachten sie sich von 58 auf 175 (VS-Bericht). Für 2015 sind wir jetzt schon bei über 150 Übergriffen. Es wäre wünschenswert, wenn einmal wissenschaftlich untersucht würde – etwa in der Medienwirkungsforschung – , ob der offenkundig scheinende Zusammenhang nachweisbar existiert.

 

Teil 1: Gibt es im Moment mehr Hass?Teil 2: Wo kommt der Hass nur her?Teil 3: Hass-Karten und der Zusammenhang zwischen Netz und ÜbergriffenTeil 4: Hass-Emails und Agieren der NetzwerkeTeil 5: Was können wir konkret gegen den Hass im Internet tun?Teil 6: Endlich: Mehr saftige Strafen für Hate-Speech im Internet

 

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