
Der 62-jährige Jordan Peterson ist ein kanadischer Psychologe und Autor, der vor allem durch seine kritische Haltung zu Gender-Themen, Meinungsfreiheit oder Identitätspolitik bekannt wurde. Ursprünglich war er Professor für Psychologie, hat viel über Persönlichkeitsentwicklung und Lebensführung gearbeitet.
Über Hummer und „Alpha-Männlichkeit“: Wie Peterson bekannt wurde
Peterson gelang größere Popularität durch seine lautstarke Opposition gegen das 2017 eingeführte kanadische Gesetz „Bill C-16“. Das Gesetz sollte das kanadische Menschenrechtsgesetz und Strafgesetzbuch um den Diskriminierungsschutz von Genderidentitäten ergänzen. In der Verwendung gewünschter Pronomen sah Peterson eine Vorschrift politischer Korrektheit und befürchtete eine Kriminalisierung unabsichtlich beleidigender Aussagen. Dass es bei dem Gesetz nur um die strafrechtliche Verfolgung des absichtlichen Fehlgebrauchs der Pronomen geht, oder um Hasskriminalität gegenüber der Geschlechtsidentität („Hate Crime“), schien ihn nicht zu interessieren.
Seine Popularität wusste Peterson zu nutzen: Er veröffentlichte 2018 seinen Lebensratgeber „12 Rules for Life“. Der Bestseller enthält teils banale Regeln wie „Sag die Wahrheit“ oder „Räum dein Zimmer auf, bevor du die Welt kritisierst“. Harmlos ist das Buch dennoch nicht – ganz im Gegenteil: Petersons Werk fungiert als Mittel zur Erziehung zur Männlichkeit und als Gegenstück moderner Werte und der aus seiner Sicht Weiblichkeit von jungen Männern.
So greift Peterson zum Beispiel im ersten Teil auf eine Hummer-Metaphorik zurück, mit der er seinen Anhänger*innen die Wichtigkeit von Männlichkeit aufzeigen will. Denn Hummer mit einer hohen hierarchischen Stellung haben einen höheren Serotoninspiegel. Dahingegen seien Männer und Hummer mit einem geringen Serotoninspiegel für Frauen nicht von Interesse. Diese würden sich nur für starke Alpha-Männer interessieren. Das Buch kam bei seinem zum Großteil männlichen Publikum so gut an, dass Peterson 2021 gleich zwölf weitere Regeln verfasste – wieder mit jeder Menge Ablehnung für die Moderne.
Klimafeindlich, libertär und anti-„woke“: Petersons politische Orientierung
In einem 2017 veröffentlichten Interview beschreibt der kanadische Psychologieprofessor seine politische Orientierung als „klassisch britisch liberal“- in der Öffentlichkeit zeigt Peterson jedoch ein anderes Gesicht: Mit seinen Büchern etwa will er junge Männer zu Stärke und Dominanz erziehen. Ein weiteres Feindbild, das sich wie ein Leitmotiv durch Petersons Karriere zieht, ist der Marxismus. Weil Marxist*innen mit wirtschaftlichen Argumenten gescheitert sein und nun Bildungssysteme und westliche Werte infiltrieren würden, setzt er Marxismus mit Faschismus gleich. Dass Marxismus in seiner Reinform geschichtswissenschaftlich als Gegenentwurf zum Faschismus verstanden wird, lässt Peterson außer Acht.
Auch vom Klimawandel scheint er nicht viel zu halten: Den wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel zweifelt Peterson an und lässt immer wieder Klimaleugner zu Wort kommen. 2023 gründete er deshalb die „Alliance of Responsible Citizenship“ (kurz ARC), welche von den Besitzern des rechten TV-Senders „GB-News“ finanziert wird. Das ARC richtet sich gegen „woke Ideologien“, sowie „entsetzliche“ Klimapolitik und setzt sich stattdessen für Selbstverantwortung ein.

Nicht nur im Klimawandel vertritt Peterson eine libertäre – also extrem freiheitliche – Gesinnung, sondern auch in der Sozial- und Drogenpolitik. Während er sich für eine Liberalisierung von Drogen einsetzt, lehnt er „Ergebnisgleichheit“ ab. Diese würde einen starken Staat fördern, obwohl Hierarchien natürlich sein und es lediglich einer möglichst freien Wirtschaft bedürfe. Peterson setzt sich für Freiheit ein, solange sie Staat und Markt betrifft – nicht aber sexuelle Orientierung oder das Geschlecht.
Darüber hinaus engagiert sich Peterson politisch auch auf X (ehemals Twitter): Bis zu Musks Übernahme war Petersons Profil auf der Plattform gesperrt. Grund dafür war seine intensive Hetzkampagne gegen Schauspieler Elliot Page. Diesen sprach er mehrmals bewusst mit den falschen Pronomen an und behauptete, ein „krimineller Arzt“ habe Elliot Page zu seiner Geschlechtsangleichung verholfen. Seit Petersons X-Rückkehr hat sich wenig getan: Seine 6 Millionen Follower*innen bespielt er nach wie vor regelmäßig mit queerfeindlichen Inhalten. Zuletzt interagierte er häufig mit J.K. Rowling und sprach dieser bei ihrem transfeindlichen Engagement zu. Neben X nutzt Peterson für politische Botschaften außerdem seinen websiteeigenen Blog. Dort kritisiert er neben dem geläufigen Feindbild der „woken Ideologien“ auch Multikulturalismus.

Petersons Lehrfabrik
Seine Ideen vermittelt Peterson mittlerweile nicht mehr nur über Bücher oder Social-Media. Mit der „Peterson Academy“ bietet er seinen meist männlichen Fans Online-Kursreihen an, geleitet von Gastdozent*innen. Für schlappe 400 € pro Jahr lassen sich aktuell nach eigenen Angaben etwa 40.000„Student*innen“ – wie Peterson sie nennt – „ideologiefrei“ in unterschiedlichsten Disziplinen belehren. Nach knapp 720 Vorlesungsstunden erhalten seine Jünger*innen dann einen „General Education Degree“. Die Dozent*innen hat Peterson ganz nach seinem Geschmack ausgewählt: So gehören zu den Vortragenden zahlreiche Klimawandelleugner wie Rex Murphy oder Michael Shermer. Auch Max Lugavere zählt zu den Dozent*innen. Der Autor unterrichtet Ernährungswissenschaften – und das, obwohl er keine anerkannte Qualifikation in diesem Bereich hat. Bekannt ist Lugavere eher für seine Kritik an angeblicher „veganer Propaganda“. Stattdessen setzt er auf eine vor allem tierische Ernährung, entgegen wissenschaftlicher Einschätzungen.

Peterson inszeniert sich selbst als intellektuelles Gegenwicht zu einer angeblich verweichlichten Gesellschaft. Tatsächlich gilt er längst als ideologisches Fundament der Alt-Right und Neuen Rechten. Diese greifen immer wieder auf ihn zurück, um zum Beispiel auf alte Rollen- und Geschlechtsbilder zu verweisen.
Für Mitte April bis Ende Juni hat der Psychologieprofessor seine Welttour mit dem Titel „An Evening to Transform Your Life“ angekündigt. Zwischen dem 18. bis 21. Mai können sich seine deutschen Fans auf Besuche in Frankfurt, München und Berlin freuen. Währenddessen wehren sich die Stadtfraktionen der Partei und der Linken mit scharfer Kritik und einer Anfrage an den Münchener Oberbürgermeister.