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Trump Wie Antifeminismus und Autoritarismus die USA erobern

In den USA florieren seit der Wiederwahl Donald Trumps Autoritarismus und Antifeminismus. Dies hat auch Einfluss auf verschiedene antifeministische Akteur*innen in Deutschland: Antifeminismus fungiert dabei als strategisches und globales Machtinstrument.

 
Der rechtsextreme Podcaster Nick Fuentes macht Wahlkampf für Donald Trump und verbreitet in den sozialen Netzwerken antifeministische Ideologien. (Quelle: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Jacquelyn Martin)

Seit einiger Zeit zeichnet sich in vielen Ländern eine national-autoritäre Wende ab, rechte Parteien gewinnen massiv an Macht. Auch in Deutschland ist diese Entwicklung unübersehbar. Die AfD verzeichnete bei der Bundestagswahl mit 20,6 Prozent ein historisches Hoch und verdoppelte fast ihr Ergebnis Vergleich zu 2021. Obwohl die Partei aktuell weder an der Regierung beteiligt ist noch über eine Sperrminorität verfügt, besteht die reale Gefahr, dass die sogenannte Brandmauer weiter bröckelt.

Ein Blick in die USA zeigt, wohin eine solche Entwicklung führen kann. Seit der Wahl und Amtseinführung von Präsident Donald Trump findet ein politisches und gesellschaftliches Erdbeben statt. In Echtzeit findet die autoritäre Umstrukturierung von Politik und Gesellschaft statt. Der Philosoph Jason Stanley und der Historiker Timothy Snyder, beides Autoritarismus-Experten, benennen die Vorgänge als Faschismus – und haben die USA mittlerweile verlassen.

Die Entwicklungen haben durchaus auch Einfluss auf Deutschland: Rechtskonservative und Rechtsextreme sind häufig gut international vernetzt, tauschen sich aus und lernen voneinander. Antifeminismus spielt dabei eine essenzielle Rolle: Er ist nicht nur ein Nebenprodukt, sondern ein Kernbestandteil rechter Ideologie.

Abchied von Frauen-, Queer- und Transrechten

Schon vor Trumps Amtseintritt war die Tonlage klar: Misogynie, Queer- und Transfeindlichkeit wurden öffentlichkeitswirksam inszeniert. Der Holocaustleugner und rechtsextreme Influencer Nick Fuentes lancierte etwa den misogynen Slogan „Your Body, My Choice“ – eine zynische Umkehr feministischer Forderungen – der nach der Wahl auf der Plattform X und erreichte damit Millionen. Die Folge war eine Welle von Online-Belästigungen und gezielten Einschüchterungen im öffentlichen Raum, etwa an Universitäten. Politische Machtwechsel setzen eben nicht nur Gesetze in Bewegung, sondern verändern auch das gesellschaftliche Klima – Sprache wird entgrenzt, Übergriffe salonfähig, Sexismus und Misogynie gestärkt.

Nach Trumps Amtseinführung wird der Angriff auf Frauen, Queers und transgeschlechtliche Menschen dann gesetzlich verankert: Gleichstellungsmaßnahmen werden gestrichen, Abtreibungsrechte weiter eingeschränkt, transfeindliche Gesetze verschärft. Die Rechte dieser Gruppen sind nicht bloß Kollateralschäden – sie stehen im Zentrum der politischen Agenda.

Denn das Vorgehen ist kein Zufall. Das konservative Masterdokument „Project2025“, getragen von rechten Think Tanks, zeichnet ein autoritäres Zukunftsbild der USA: Abbau von Sozialstaat und Verwaltung, Auflösung demokratischer Kontrollinstanzen – flankiert von antifeministischen und queerfeindlichen Maßnahmen. Auch wenn Trump sich von Project2025 distanziert, ist der Einfluss nicht zu leugnen und belegt vor allem eins: Die Vorgänge in den USA sind sorgfältig geplant und verfolgen die Strategie eines umfassenden Umbaus von Politik, Justiz und Gesellschaft. Zahlreiche im Project2025 vorgezeichnete Änderungen wurden bereits umgesetzt

Geschichte und Wissen werden aktiv umgeschrieben und kontrolliert

Trumps Politik zielt nicht nur auf gesetzliche Rückschritte ab, sondern auch darauf, queere, inter- und transgeschlechtliche Identitäten aus der Öffentlichkeit zu verdrängen und die historische Erinnerung sowie die kulturelle kollektive Identität zu untergraben. So wurden etwa transgeschlechtliche Aktivist*innen aus der offiziellen Darstellung der Stonewall-Proteste gestrichen – obwohl sie eine zentrale Rolle im Kampf für queere Rechte spielten. Die kollektive Erinnerung wird reduziert, queerfeindlich zurechtgestutzt. Das

Begriffe wie „Gender“, „Transgender“, „Schwangere Person“ und „Bei Geburt zugewiesenes Geschlecht“ wurden aus offiziellen Dokumenten und Websites des Bundes gestrichen. Außerdem wurden wichtige Informationen zur Gesundheitsaufklärung von offiziellen Webseiten entfernt. Darunter fallen etwa Informationsblätter zu HIV und medizinischen Angeboten für transgeschlechtliche Personen. Dies ist eine deutliche Verschlechterung des Zugangs zu lebenswichtigen Gesundheitsinformationen.

Mit dem Verbot von angeblicher „Gender-Ideologie“ und Critical Race Theory aus dem Schulunterricht wird die politische Dimension noch deutlicher: Hier geht es nicht nur um die Einschränkung von Rechten, sondern um die Kontrolle von Deutungshoheit. Wissen wird zensiert, kritische Forschung verbannt. Die öffentliche Schule und Universitäten sollen nicht mehr reflektieren und forschen, sondern indoktrinieren – im Sinne einer patriarchalen, nationalistischen Ideologie.

Strategischer Antifeminismus 

Antifeminismus ist mehr als eine ideologische Haltung – er wird gezielt und strategisch eingesetzt. Dabei zeigt sich, wie ein gemeinsames Feindbild unterschiedliche Akteur*innen zusammenschweißt, sie vereinen sich in ihrer Ablehnung von Feminismus, Geschlechtergerechtigkeit und queeren Lebensrealitäten. Durch die Konstruktion einer klaren In- und Outgroup („wir“ gegen „die“) entsteht ein wirkmächtiges Narrativ, das Zugehörigkeit und Abgrenzung zugleich schafft.

Die vermeintliche „Wokeness“ wird dabei zur zentralen Bedrohung erklärt – nicht Armut, Ungleichheit oder soziale Spaltung stehen im Fokus, sondern progressive gesellschaftliche Entwicklungen. Die Debatte wird instrumentalisiert, um eine Gefährdungserzählung zu bedienen: eine Geschichte vom kulturellen Niedergang, von der Zersetzung durch linksliberale Werte. Antifeminismus fungiert in diesem Kontext als eine der wirkmächtigsten Verschwörungserzählungen. Er behauptet, Frauen und queere Personen seien übermächtig geworden, Feminismus habe Männer geschwächt und damit die ganze Nation entmännlicht. Die Reaktion darauf: Forderungen nach Remaskulisierung, autoritären Geschlechterordnungen und der Rückkehr zu traditionellen Rollenbildern.

Trumps Ideologie gründet auf der Vorstellung einer „natürlichen“ gesellschaftlichen Ordnung, die Ungleichheit nicht nur hinnimmt, sondern als Grundlage sozialen Zusammenlebens verklärt. Sie ist dezidiert antiegalitär, durchweg hierarchisch und basiert auf festen Rollen entlang von Geschlecht, Herkunft und sozialem Status. Ziel ist die Rückkehr zu genau dieser Ordnung – unter dem Vorwand, etwas wiederherzustellen, das nie gerecht war.

Erschreckend ist vor allem die Geschwindigkeit, in der all diese Eingriffe passieren. Im Vergleich zur letzten Amtszeit Trumps lässt sich eine starke Radikalisierung beobachten. Die Änderungen werden sich auch nach dem Ende der Amtszeit Trumps nicht einfach zurückdrehen lassen. In den USA wurden bestimmte Kipppunkte überschritten – der politische und gesellschaftliche Schaden ist angerichtet und die Betroffenen spüren die Folgen schon längst.

Eine Zukunftsagenda – auch für Deutschland?

Deutsche rechtskonservative und rechtsextreme Akteur*innen sehen darin ein Vorbild: Rechtskonservative Medienplattformen wie Tichys Einblick oder Influencer*innen wie Eva Herman aus dem eher rechtsalternativen bis verschwörungsideologischen Milieu begrüßen Trumps Anti-Woke-Kurs.

Insbesondere die AfD, aber auch konservative Kreise innerhalb der CDU/CSU, zeigen offen Sympathien für Trumps politischen Kurs. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz bekräftigte etwa in einer Talkshow zum Bundestagswahlkampf seine Zustimmung zur gesetzlich verankerten binären Geschlechterordnung der USA. Die AfD-Politiker*innen Beatrix von Storch und Tino Chrupalla durften sogar an der Zeremonie zur Amtseinführung Trumps teilnehmen. Von Storch – ohnehin eng verbandelt mit christlichen Fundamentalist*innen – sieht zwar inhaltliche Differenzen zwischen Trump und der AfD, im Großen und Ganzen würden sie jedoch das gleiche Ziel verfolgen, nämlich die „die linke, woke Bewegung zu beenden“.

Rechtsextreme Akteure wie Martin Sellner von der „Identitären Bewegung“ sehen in der Trump-Politik eine Blaupause auch für Deutschland. Er begreift den politischen Konflikt als Kulturkampf bzw. „Metapolitik“, langfristig sollen kulturelle und gesellschaftliche Normen umgestaltet werden. Der Anti-Woke-Diskurs, der bestimmte Feindbilder und Narrative enthält, ist Teil dieses rechten Kulturkampfes. Nicht nur bei der Ideologie gibt es Überschneidungen, Sellner ist international gut vernetzt und außerdem mit der us-amerikanischen Alt-Right-Aktivistin und fundamentalistischen Christin Brittany Pettibone verheiratet.

In christlichen Lagern kommen Trump und seine Politik gut an und es werden internationale Allianzen geschmiedet. Die christlich-fundamentalistische Bewegung „Demo für Alle“ sieht Trump als Vorbild im Kampf gegen „Gender-Ideologie“ und LGBTQ-Rechte. Die Bewegung verbreitet außerdem klassisch rechte Kulturkampfthemen aus den USA, z. B. die Mobilisierung gegen „Drag Queen Story Hours“. Anti-Abtreibungsgruppen wie der „Marsch für das Leben“ begrüßen Trumps Anti-Abtreibungspolitik. Der christlich-fundamentalistische Influencer „Ketzer der Neuzeit“ war ebenfalls bei der Amtseinführung und, postete stolz Bilder mit Trump auf Instagram.

Antifeminismus als globale Strategie

Mit Trumps Politik und dem Project2025 liegt eine autoritäre Blaupause auf dem Tisch, die auch in Europa zunehmend an Einfluss gewinnt. Rechtskonservative und rechtsextreme Kräfte in Deutschland schauen mit Bewunderung auf das, was in den USA möglich geworden ist: Transfeindliche Gesetzgebung, die Abschaffung von Gleichstellungsmaßnahmen, die Einschränkung des Zugangs zu Schwangerschaftsabbrüchen, die gezielte Rücknahme queerer Rechte. Diese Entwicklungen geben der antifeministischen Rechten in Deutschland Aufwind. Die Bewunderung für Trump und dessen antifeministische Politik zieht sich durch unterschiedliche Akteur*innengruppen: Antifeminismus wirkt als Kitt zwischen rechtsextremen, rechtskonservativen, verschwörungsideologisch-alternativen sowie christlich-fundamentalistischen Akteur*innen.

Gleichzeitig zeigen die USA in Echtzeit, was ein massiver Rechtsruck konkret bedeuten kann: Der Rückbau von Grundrechten beginnt nicht abstrakt, sondern mit gezielten Angriffen etwa auf reproduktive Selbstbestimmung sowie queere Sichtbarkeit und Rechte. Der Antifeminismus, der in diesen Bewegungen propagiert wird, ist aber nicht nur ein Angriff auf die Rechte von Frauen und Queers, sondern auch ein Angriff auf die Grundwerte der Demokratie. Er dient als Mobilisierungsinstrument und Werkzeug, um gesellschaftliche Spaltungen zu vertiefen und autoritäre Strukturen zu etablieren.

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