Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

Studie sieht Thüringer AfD als „Spezialfall“ Faschisten in Nadelstreifen?

Von|
Durch die Verbalentgleisungen und die auffällige Persönlichkeit Björn Höckes, die deutschlandweit und international Beachtung gefunden haben, wird der öffentliche Blick auf diejenigen verstellt oder verfremdet, die einen Höcke zu ihrer politischen Führungsfigur, zu ihrem Parteivorsitzenden, zu ihrem Landtags-Fraktions-Sprecher auserkoren haben und ihn teilweise als messianische Lichtgestalt vergötzen. (Quelle: picture alliance/dpa)

In Deutschland ist mit der AfD eine rechte Volkspartei entstanden, die – flächendeckend, im Osten noch stärker als im Westen – die Verunsicherung und den Protest von Modernisierungsgegner*innen und Modernisierungsverlierer*innen aufsaugt und die dabei ganz massiv auf die Einbindung von rechtsradikalen und rechtsextremen Milieus setzt, und zwar in einer Art und Weise, dass diese richtungsbestimmend und tonangebend sind. Spitzenpolitiker*innen und führende Protagonist*innen der AfD vertreten eine Politik und Ideologie, die an nationalistische, autoritäre und rassistische Einstellungen in der Bevölkerung erfolgreich anschließen kann. Die Stigmatisierung jener Positionen scheint bei Anhänger*innen und Wähler*innen fast wirkungslos zu sein, da sich die AfD bei jeglicher Kritik in die mittlerweile konstitutive Opferpose wirft und die „Meinungsfreiheit“, den „demokratischen Ideenwettstreit“ und die Positionierung in der (politischen und sozialen!) „Mitte der Gesellschaft“ beschwört. Der Kampf gegen „Political Correctness“ und „linke Umerziehung“ wurde zum Markenkern ausgebaut, der auch weit über das Spektrum der sogenannten „neuen“ Rechten AFD-Sympathisant*innen hinaus seine Wirkung erzielt.

Bundesweit ist die AfD durchsetzt mit Führungspersonen, Amts- und Mandatsträger*innen und einfachen Parteimitgliedern, die rechtsextreme Inhalte und menschenfeindliche Ideologien transportieren, in rechtsextreme Netzwerke eingebunden sind und dementsprechende Kooperationsbeziehungen unterhalten. In der „neuen“ Rechten gibt es nur zwei wirkliche Tabus: die sogenannte „Distanzeritis“ gegenüber „Verbündeten im Kampf um Deutschland“ und eine selbstkritische Auseinandersetzung mit dieser Entwicklung, die über Lippenbekenntnisse hinausgeht. Die Taktik – ganz gemäß dem betont männlich-soldatischen Habitus einiger Protagonist*innen – „getrennt marschieren, gemeinsam schlagen.“ Offiziell will man angeblich nichts mit „Extremisten jeglicher politischen Richtung“ gemein haben. Tatsächlich schart man jedoch reihenweise ehemalige NPD-, JN- und Kameradschafts-Nazis um sich und macht sich ansonsten vor allem die Problematik zunutze, dass Demokratiegefährdung schon sehr viel früher beginnt, lange bevor Verfassungsschutz, Polizei oder Politikwissenschaften Akteur*innen und Organisationen als rechtsextrem einordnen. Das hat nicht zuletzt Alexander Gauland mehrfach bewiesen, der auch im Januar 2019 für wöchentliche TV-Auftritte und Zeitungs-Interviews Kreide frisst – und zwischendurch bei Götz Kubitscheks „Institut für Staatspolitik“ in Schnellroda einen Vortrag vor radikalen Burschenschaftlern und Jung-Faschisten gehalten hat.

Die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, der reaktionäre Anti-Pluralismus und Anti-Liberalismus, die Demokratiegefährdung haben sich im Parteiprogramm und in den populistischen politischen Forderungen der AfD niedergeschlagen und sind mittlerweile öffentlich bekannt. So kommen auch Verfassungsschutzorgane mittlerweile nicht darum herum, das zu verlautbaren, was zivilgesellschaftliche, journalistische und wissenschaftliche Akteur*innen schon seit Jahren thematisieren. Die AfD ist die Partei, die die Migrant*innen-, Asylsuchenden- und Muslimfeindlichkeit in der Mitte der Gesellschaft, in die Parlamente und Kommunalausschüsse bringt, die Chauvinismus, Rassismus, Antifeminismus, Behindertenabwertung und Homo-/Transfeindlichkeit das Wort redet und dabei Diskriminierung und Hate Speech zu demokratischen Tugenden umdeuten will.

Einen markanten „Spezialfall“ innerhalb der AfD stellt deren Landesverband Thüringen dar. Durch die Verbalentgleisungen und die auffällige Persönlichkeit Björn Höckes, die deutschlandweit und international Beachtung gefunden haben, wird der öffentliche Blick auf diejenigen verstellt oder verfremdet, die einen Höcke zu ihrer politischen Führungsfigur, zu ihrem Parteivorsitzenden, zu ihrem Landtags-Fraktions-Sprecher auserkoren haben und ihn teilweise als messianische Lichtgestalt vergötzen. Im Falle der AfD – in Thüringen und anderswo – stinkt der Fisch eben nicht nur vom Kopfe her. Zum einen sind da „die vielen kleinen Parteigenossen“, die ja „nur ein bisschen rechts“ seien – zum anderen sind da Abgeordnete und Funktionär*innen, die sich offenbar ganz bewusst mit Neonazis verbündet haben und in ihre Mitarbeiterstäbe rekrutiert haben. Und dann sind da die besorgniserregend hohe Zahl von Sympathisant*innen und Wähler*innen, die sich fragen lassen müssen, welchen Positionen und welchen Personen sie da Tribut zollen oder Beifall spenden.

„Fließende Übergänge der Demokratiegefährdung: Die „Kulturrevolution von rechts“ und die Rolle der AfD Thüringen“

Die Studie „Fließende Übergänge der Demokratiegefährdung: Die „Kulturrevolution von rechts“ und die Rolle der AfD Thüringen“ diskutiert diese Entwicklungen und richtet dabei ein besonderes Schlaglicht auf die AfD Thüringen, ihre Ideologie und ihr Personal. Hier können Sie die Studie nachlesen:

Weiterlesen

2017-07-13-gmf-repop_0

Ideologie Was ist eigentlich rassistisch an der AfD?

Während einer Wahlkampfveranstaltung in Eichsfeld sagte der AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland, er wolle die Vize-Vorsitzende der SPD, Aydan Özoguz, „in Anatolien entsorgen“. Nur ein rassistischer Ausrutscher? Die Frage, wie rassistisch die AfD ist, wollen wir anhand von Beispielen beantworten.

Von|
Eine Plattform der