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Parteien Das Ende der militant antisemitischen Naziorganisation „Die Rechte“

Es war ein Ende mit Ansage. Die Form selbst beinhaltete eine Selbstentblößung: Wir sind politisch gescheitert. Oder auch: Wir sind Verlierer.

 
Die rechtsextreme Kleinstpartei "Die Rechte" demonstrierte 2019, am Tag der Reichspogromnacht, für die Freilassung der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck. Tausende demonstrierten in Dortmund dagegen. (Quelle: picture alliance/dpa | Fabian Strauch)

Am 5. Januar teilte der sogenannte „Kreisverband“ Rhein-Erft der militant antisemitischen Neonaziorganisation „Die Rechte“ – die sich zum juristischen Selbstschutz seit Mai 2012 als „Partei“ bezeichnete – scheinbar Überraschendes mit: die Selbstauflösung nach zehn Jahren. Der Rhein-Erft-Kreis in NRW war seit Jahrzehnten ein Zentrum harter neonazistischer Kleingruppen. Diese zeichnete sich seit jeher vor allem durch „Einschüchterung und Militanz“ aus und testete über Jahrzehnte die Grenzen der Strafbarkeit aus. Der Vorsitzende im Kreisverband ist der vorbestrafte Neonazi Markus Walter: Der 1991 geborene Walter hatte sich bereits als Jugendlicher als Neonazi und überzeugter Antisemit zu profilieren versucht.

Bereits 2015 war der „umtriebige Neonazi“ in Lörrach wegen eines Angriffs auf eine Moschee zu einer Jugendstrafe von 120 Stunden plus Geldstrafe verurteilt worden. Seinerzeit trat er bundesweit und lokal noch unter dem Label „Freie Kräfte“ auf. Vor dem Jugendgericht präsentierte er sich geläutert und inszenierte sich als „Aussteiger“. Dann schloss er sich der drei Jahre zuvor gegründeten Neonaziorganisation „Die Rechte“ an. Im niedersächsischen Verden hatte er anfangs ein Ratsmandat, das er im Januar 2015 verlor, weil er nicht mehr in Verden, sondern im entfernten Rhein-Erft-Kreis wohnte.

Offiziell, auf der Partei-Website, gab Walter, der Jahre im Bundesvorstand von „Die Rechte“ saß, als Anschrift das Zentrum des bekannten „Nazikiez“ in Dortmund-Dorstfeld an. In Kerpen organisierte Walter, der über einen langen Zeitraum im Kerpener Industriegelände über eine Immobilie verfügte, eben dort regelmäßig Shoaleugnerveranstaltungen, ideologische Schulungen und extrem rechte Liederabende oder Veranstaltungen mit betagten Neonazis wie Ursula Haverbeck und Udo Walendy.

Journalisten wie etwa Julian Feldmann, die das Gelände zu Filmaufnahmen aufsuchten, wurden dort regelmäßig verbal bedroht, als Botschaft für die bundesweite Neonaziszene. Seitdem konnte sich der erfahrene NDR-Journalist, der über NS-Kriegsverbrecher berichtete, seines Lebens nicht mehr sicher sein. Walters Neonazi-Botschaft, die er auch via Videos auf Facebook, bis heute unbeanstandet, ins Netz stellte, wurde unter anderem von der NPD Niedersachsen und Thorsten Heise, Mitglied des NPD-Bundesvorstands – aufgegriffen, die mit einem durchgestrichenen Foto Feldmanns, zu einer Kundgebung „Feldmann in die Schranken weisen“ aufriefen.

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Für die Europawahl im Mai 2019 machte „Die Rechte“ die unverbesserliche Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck zur „Spitzenkandidatin“. Faktisch, so sollte man nüchtern konstatieren, freute sich die kleine Gruppe der Dortmunder Neonazis, dass Haverbeck in Haft saß: Erstmals erlangten sie hierdurch, neben ihren gezielten, regelmäßigen, nahezu wöchentlichen Gewalt- und Einschüchterungsinszenierungen in Dortmund, bundesweite Bedeutung. Nun galten sie als eine Konkurrenzorganisation zu Gruppierungen wie der abgehalfterten NPD und dem „III. Weg“. Die Gewinne der AfD hingegen trugen dazu bei, dass sie ihre Bedeutung schrittweise verloren – bis hin zur faktischen Selbstauflösung.

Dortmunder Selbstauflösung

Wenige Tage nach der Mitteilung des Kreisverbandes aus Rhein-Erft gab auch „Die Rechte Dortmund“ bekannt, dass sie sich auflösen bzw. unter einem neuen Namen firmieren würde. In ihrer Erklärung feiert „Heimat Dortmund“ noch einmal ihre großen Erfolge mit Großdemonstrationen etwa beim „Tag der deutschen Zukunft“ 2015 mit jeweils 1000 Teilnehmenden und ihrem „permanenten Aktivismus auf allen Ebenen“, die dazu geführt hätten, dass Dortmund einen „Ruf als nationale Hochburg in Westdeutschland“ beibehalten habe. „Das Schwert“, geht es vollmundig weiter, sei jedoch stumpf geworden und könne „nicht mehr neu geschliffen werden“ – sie räumen also ein vollständiges Scheitern ihrer Politik ein. Sie hätten die „teilweise verknöcherten und verkrusteten Strukturen“ der NPD kritisiert. Nach „zahlreichen Gesprächen mit NPD-Funktionsträgern“ hätten sie das Angebot der NPD jedoch einerseits angenommen, verzichteten in Dortmund jedoch, als Kreisverband der NPD, auf den Namen und träten nun öffentlich unter dem Namen „Heimat Dortmund“ auf.

Die 2018 gegründete Splitter-Kreisgruppen „Die Rechte Duisburg“ verkündete hingegen am 16. Januar trotzig: „Wir bleiben!“ Sie würden nicht zur NPD oder zur „Heimat“ übergehen, sondern weiterhin „innerhalb der Partei Die Rechte“ bleiben. „Die Rechte“ hatte am 1. Mai 2019 noch eine Kundgebung mit 160 Teilnehmern in Duisburg durchgeführt. Dort war, wie häufig, auch der hafterfahrene Zschäpe-Brieffreund Robin S. mit einem Pulli aufgetreten, der das Symbol von „Combat 18“ trug.

Vorangegangen war im November 2022 ein Treffen einschlägiger Dortmunder und weiterer langgedienter Neonazis, zu dem Thorsten Heise extra nach Dortmund anreiste. Heise selbst publizierte das traute Treffen via Facebook.

Der 1969 geborene Heise, der zahlreiche Nazipartei-Stationen (einschließlich FAP) hinter sich hat und fest in der internationalen Neonaziszene verankert ist, organisiert u.a. auch die Rechtsrock-Konzerte, mit denen sich die bundesdeutsche Neonaziszene maßgeblich finanziert. Heise gilt als zentrale Größe innerhalb des, inzwischen verbotenen „Blood and Honour“-Netzwerkes. Heise hatte u.a. 2005 für die NPD zur Bundestagswahl kandidiert und hatte in seinem Wahlkreis 3,3 Prozent Erststimmen errungen. Sein Name fällt auch immer wieder im Kontext des NSU. Gemäß einer sehr umfangreichen Dokumentation der Rechercheplattform EXIF soll Heise „Kristallisationsfigur und Spiritus Rector“ von „Combat 18“ sein.

Die neue Parteizugehörigkeit ausgerechnet zur NPD ist eine politische Selbstverleugnung. Selbst in Dortmund kam es gelegentlich zu Auseinandersetzungen zwischen „Die Rechte“-Aktivisten und NPDlern, insbesondere vor der Kommunalwahl von 2014 – doch noch im gleichen Jahr schloss sich das einzige „Die Rechte“-Mitglied des Dortmunder Stadtrats vermutlich aus finanziellen und taktischen Erwägungen mit dem einzigen NPD-Mitglied zusammen. Danach traten die beiden wegen einschlägiger Gewaltdelikte Verurteilten gemeinsam auf – die „Nazi-Ikone“ Borchardt und der 2009 wegen einer Körperverletzung gegen einen Gegendemonstranten verurteilte, gelegentlich in Nadelstreifen auftretende NPD-Kader. Dennoch überklebte die NPD vor der Duisburger „Abschlusskundgebung“ von „Die Rechte“ zum Europawahlkampf demonstrativ deren gesamte Demoroute mit eigenen Plakaten.

Um zumindest Reste von Würde zu behaupten, nennt die Dortmunder Splitterpartei sich nun „Heimat Dortmund“. Kreisvorsitzender ist der hafterfahrene ehemalige Bundesvorsitzende von „Die Rechte“, „Hochzeits- und Trauerredner“ Sascha Krolzig.

Der aus Hamm gebürtige 35-jährige Krolzig, ehemaliger Funktionär der 2012 verbotenen Kameradschaft Hamm – deren faktische Nachfolgeorganisation ab 2012 „Die Rechte“ war –, ist wegen seiner Herausgeberschaft des Naziblattes „N.S. Heute“ vom Dortmunder Landgericht gleich mehrfach wegen Volksverhetzung angeklagt. Eine weitere Haftstrafe würde seinen „Ruf“ innerhalb der bundesweiten Naziszene als besonders „harter Brocken“ stärken.

Sein Stellvertreter ist der 36-jährige Neonazi Alexander Deptolla. Deptolla war bereits beim „Nationalen Widerstand Dortmund“ (NWDO) dabei, bis zu dessen Verbot 2012. Deptolla gilt als Hauptverantwortlicher des Neonazi-Kampfsportevents „Kampf der Nibelungen“. Dort fungiert er als Kämpfer sowie Ringrichter. Nebenbei betreibt er eine eigene Druckerei. Wenig überraschend soll er eng mit den „Hammerskins“ verbunden sein, einer elitären Neonazi-Skinhead-Gruppierung, die internationale Rechtsrockveranstaltungen organisiert.

Wie sich die Auflösung der mächtigen Kreisverbände in NRW auf den Rest der Partei auswirkt, bleibt abzuwarten. Ob der 1961 geborene Christian Worch weiterhin „Vorsitzender“ der Resttrümmer von „Die Rechte“ bleibt, ist ebenfalls unklar. Worch, der bereits 14-jährig den Nationalsozialismus entdeckte – Mein Kampf stand im Bücherregal seiner Mutter – ließ über Jahrzehnte keine neonazistische und die Shoah leugnende Provokation aus. Worch hatte nach zahllosen gescheiterten Nazikarrieren 2012 „Die Rechte“ gegründet – als Konkurrenz zur „laschen“ NPD. Laut Spiegel haben seine Nazieskapaden Worch insgesamt fünfeinhalb Jahre Knast eingebracht, szeneintern galt er eher als „Streithansel“ und „Spalter der Naziszene“. Der Rechtsextremismusexperte Hajo Funke bestätigte Worchs durch dessen „radikale Überzeugungstäterschaft“ gewachsene zentrale Bedeutung für die rechtsradikale Szene.

Wenn sein Ego nicht ausreichend geschmeichelt wurde, schmiss Worch seine Funktionen gerne auch mal hin. So trat er 2017, gerade erst auf dem Bundesparteitag gewählt, noch am selben Tag wieder zurück und verschwand von der Bildfläche, nachdem die Delegierten nicht in seinem Sinne gegen den Antrag eines anderen Landesverbandes stimmten. Kurz danach war er doch wieder dabei; eine weitere Auftrittsplattform hatte er nicht. Bei den regelmäßigen Demos der Partei in Dortmund zeigte er sich bereits vor Demobeginn in vorderster Reihe, suchte verzweifelt die Aufmerksamkeit der Fotojournalisten – und ließ sich von eigenen „Kameraden“ interviewen.

Tatsächlich hat sich der Niedergang von „Die Rechte“ bereits vor zwei Jahren angedeutet: Der 1990 geborene Neonazi Michael Brück, der sich gleichfalls schon als Jugendlicher in NRW u.a. bei der NPD inszenierte und seit 2008 zu den führenden Kräften der Dortmunder Neonazistruktur gehört, ließ Ende 2020 seine „Kameraden“ im Stich: Der Dauerprovokateur zog nach Chemnitz.

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